Full text: Mosel- und Saarführer

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kante oder auf einem bewaldeten Felsen des Seiteuthals die 
Trümmer einer alten Ritterburg und erwecken in der Seele 
des Beschauers Bilder einer schönen Vergangenheit. 
Denn wie am Rhein, so ist auch hier die Landschaft von 
dem Zauber der Romantik umwoben. Um Burgtrümmer und 
Wartturm, um Mauer und Verliess spinnt die Sage und Ge¬ 
schichte den Schleier der Romantik und versetzt den Beschauer 
in die poesievolle Zeit des deutschen Rittertums. 
Aber das Moselland ist noch von einem andern Zauber 
durchweht, der den Wanderer noch weiter zurückversetzt, 
und den es in solchem Grade mit keinem andern Fiussthale 
Deutschlands teilt. Der Geist der alten Römer tritt hier dem 
Besucher fast auf Schritt und Tritt entgegen. Er spricht zu 
ihm aus manchen Ortsnamen an der Mosel; er nimmt ihn 
wahr aus den gewaltigen Bauresten, wie aus den zierlichen 
Mosaikböden, besonders in und um Trier, die alte Augusta 
Trevirorum. Bald links, bald rechts von seinem Wege nötigen 
ihn die Grundmauern einer römischen Villa, eines Tempels, 
einer Wasserleitung oder einer Befestigung, sich in die Zeit 
zu versenken, da hier ein gewaltiger Wille gebot, der sich 
rücksichtslos halb Europa unterworfen hatte und hier in den 
ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung eine Kultur ver¬ 
breitete, deren vom Boden so treulich bewahrte, jetzt sorg¬ 
sam gesammelten und gehüteten Reste im Trierischen Museum 
uns in Erstaunen und Bewunderung versetzen. 
Es war nicht die Rücksicht auf das Staatswohl allein, 
was die Römer veranlasste, gerade Trier und das Moselthal 
zu ihrem Wohnsitze zu wählen. Auch sie zog die Lieblich¬ 
keit der Mosellandschaft an, und der Dichter Ausonius 
hat in seiner „Mosella“ in begeisterten Worten dem 
Entzücken Ausdruck gegeben, das das herrliche Moselgelände 
in ihm erweckt hat. Sein Gedicht, wahrscheinlich um B70 
entstanden, ist das älteste Gedicht, das die Schönheit eines 
unserer vaterländischen Gaue preist, und mutet es uns auch 
etwas sonderbar an, wenn der noch unter dem Einflüsse des 
Römertums stehende Dichter am Strande der Mosel Nymphen, 
Faune und Satyrn erblickt, so freut es uns doch, dass schon 
damals die landschaftlichen Reize der Mosel so beredt 
gefeiert worden sind. Ausonius fasst das Lob des herrlichen 
Gaues in folgende Worte zusammen: 
„Sicherlich, käme von Neapel einer gewandert, 
Nennt' Kleln-Bajä gleich er unsere liebliche Gegend ; 
Denn man findet wie dort des Lebens glänzende Freuden, 
Nur dass hier der Genuss sieh eint mit mässigerm Aufwand.“ 
Es ist müssig, dem Lob, das der Mosellandschaft mit 
Recht gezollt wird, die Wendung zu geben, als sei sie den 
herrlichen Rheinlandschaften überlegen. Der Rhein bleibt das 
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