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Dieser festen, wahrhaft königlichen und frommes
Sprache unseres Monarchen gegenüber dürfte es air
Platze sein, die hoch- und übermüthige und eitle Pro-
clamation zu lesen, welche Kaiser Napoleon unter der«
22. Juli au das französische Volk gerichtet hat. Sil
lautet in der Uebersetznng vollständig:
„Franzosen, es gibt im Völkerleben feierliche Augen
blicke, wo die Nationalehre, heftig erregt, sich als ein-!
unwiderstehliche Macht aufdringt, alle Interessen bc
herrscht und die Leitung der Geschicke des Vaterlandes
ganz allein in die Hand nimmt. Eine dieser entschci
dendcn Stunden hat jetzt für Frankreich geschlagen.
„Preußen, dem wir wahrend des Krieges von 1861
und auch seitdem bis jetzt die versöhnlichste Stimmung
bezeugt haben, hat unserem guten Willen und unseren
Langmut!) keine Rechnung getragen. Auf die Bahn der
Eroberung geworfen, hat cs alles Mißtrauen geweckt,
überall zu übertriebenen Rüstungen genöthigt und aus
Europa ein Feldlager gemacht, in welchem Unsicherheit
und Furcht um den nächsten Tag herrschen.
„Ein Zwischenfall hat jüngst die Bestandlosigkei!
der internationalen Beziehungen enthüllt und die ganze
Schwere der Lage dargethan. Den neuen Forderungen
Preußens gegenüber haben unsere Ansprüche sich Der*
nehmen lassen. Man ist ihnen ausgewichcn und Hai
sich darauf geringschätzig benommen. Unser Land hat
darüber eine tiefe Erregung empfunden und alsball,
hallte ein Kriegsschrei von einem Ende Frankreichs jimr
andern. Es bleibt uns nichts mehr übrig, als unse«
Geschicke dem Loose der Waffen anzuvertrauen.
„Wir führen den Krieg nicht mit Deutschland,
dessen Unabhängigkeit wir achten. Wir hegen den
Wunsch, daß die Völker, welche die große germanische
Nationalität bilden, frei über ihre Geschicke verfügen.
Wir unsererseits verlangen die Herstellung eines Zu-