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schlickigen, allen Regimentern angehörenden Uniformen
einen mitleiderregenden Anblick.
Das Werhnachlsfest 1870
war für die Saarbrücker kein Freudenfest wie sonst
Vom Christbaum weg schweifen unsere Gedanken un¬
willkürlich hinaus in die Ferne hin zu den theuren
Lieben im Felde, die, während wir im warmen Zim¬
mer unter den Weihnachtslichtern standen, draußen
im tobenden Geschützfcucr vielleicht ihr Leben ver¬
hauchten und nun mit so vielen, die heute bei der
Christbcschecruna fehlen, unter dem großen, weiten
weißen Schnecgewande ruhen.
In richtigem Verständnis der ernsten Zeit fehlen
denn auch in unseren Anzeige-Blättern die Einladungen
zur Lust und Zerstreuung; dafür bereitete sich im
Stillen eine andere schönere Feier zu, nämlich dir
Weih'nachtsbescheerung unserer verwundeten und kranken
Soldaten, die so tapfer am 0. August an den Spichcrcr
Höhen den Sieg errungen und uns und unsere Stadt
mit ihrem Herzblut vor feindlicher Vergewaltigung
retteten und bewahrten; denn Alle, die in unseren
Städten Aufnahme gefunden hatten, sie waren uns
liebe Pflegekinder geworden. Sobald darum der Ge¬
danke ausgesprochen war, ihnen gleich unseren Kindern
eine Wcihnachtsfrcudc zu bereiten, beeilten sich die zahl¬
reichen Vereine im Bunde mit gleichgesinnten Frauen
und Jungfrauen die nöthigen Einleitungen zu treffen;
and) die Geistlichkeit, die bisher mit großer Selbstver-
läugnung und Aufopferung die Seelsorge in den La-
zarcthen geübt hatte, in Gemeinschaft mit freiwillig sich
darbietenden Sängern durch Lieder und Choräle und
patriotische Reden und frommes Gebet die rechte geist¬
liche Weihe zu geben.