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V. Das Seelenhafte. Der Wissenserwerb.
den Vitalismus1), daß ich im Psychophysischen die Unmög¬
lichkeit des psycho-physischen Parallelismus wegen der
Mannigfaltigkeitsungleichheit des Psychischen und des Physi¬
schen®), daß ich im Logischen die zur Einheit geschlossene
Zusammengesetztheit des Kausalbegriffs und das System der
yier möglichen Naturwerdeformens) gänzlich bewußtseins-
un vermittelt und sozusagen sprunghaft „geschaut“ habe.
Und allen, die sich hier Rechenschaft geben, ist es ebenso
gegangen. Den Ton des „vielleicht“ mag eine solche
Schauung zuerst haben und wohl gar behalten, gewiß; aber
sicherlich ist die Sachlage nicht so, als ob da ein reines
„Material“ vorläge, an das ich nun in der Absicht es be¬
wußt ordnungshaft zu verarbeiten, mit verschiedenen Formen
oder Schematen aktiv herantrete, und es gibt gerade im
Rahmen der Kausallehre Fälle, in denen wenigstens eine
gewisse allgemeine Form an den „erklärenden“ Ordnungs¬
setzungen, das Naturkategoriale nämlich, restlos endgültig
geschaut wird. Ich schaue ein „Verarbeitetsein“ zu Geord¬
netem au einem Material und in ihm. Hinterher sage ich
vielleicht, meine Seele habe hier gearbeitet, habe aus unzer¬
legbaren Letztheiten höhere Einheiten zusammengefügt, habe
„konstruiert“. Aber, was Ich schaue, das ist nie unver¬
arbeitet. Vielmehr ist, um von ganz Einfachem zu reden,
z. B. „Kausalität“, etwa in dem Verhältnis zweier Kugeln
zueinander, von denen die eine die andere stößt, geschaut,
d. h. in ihrer Bedeutung gehabt als Bestandteil des
empirisch Wirklichen; sie ist dem Wesentlichen nach in
derselben Weise „objektiv“ da, wie die Kugeln selbst; der
‘) Vgl. Philos. d. Organischen I (1909, englisch 1908). Dasselbe
zuerst 1899 in Die Lokalisation morphogenelischer Vorgänge, ein Beweis
vitalistisehen Geschehens.
*) Leib und Seele, 1916.
3) Ordnungslehrc S. 124 ff., 145 ff., 173 ff.