3. Der Begriff Meine Seele.
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in der Zeit werdend und mit ganz besonderer Kausalschematik
ausgestattet. In der Seele erst gibt es ein echtes Erfolgen
des Eines aus dem anderen — (wie in der Natur, nur in
ganz anderen Sonderformen} —, und nicht nur bloßes seit¬
liches Früher- und Später-sein, was allein es für Ich und
Selbst gab.
Ich aber schaue, daß der Begriff meine Seele mit ihrer
besonderen Kausalitätsart eine bestimmte Ordnungsbedeutung
besitzt. An späterer Stelle werden wir manche „psychologische“
Einzelheiten von kausaler Form beizubringen haben. Hier
mag es genügen zu sagen, daß Psychologie durchaus eine
vollwertige, in sich geschlossene „Kausal“-Wissenschaft ist
— nur daß sie sich hüten muß vor mechanischen Anologien,
ja sogar vor naturwissenschaftlichen Analogien überhaupt.
Selbst vor biologisch-vitalistischen Analogien nämlich muß
sich Psychologie in acht nehmen, da ihr Gegenstand ja
gänzlich raum-unbezogen ist, mag auch der Begriff Ganzheit1)
für sie brauchbar sein.
Übrigens mag schließlich noch gesagt sein, daß Psycho¬
logie doch eigentlich nicht einmal ihre ersten, vorbereitenden,
noch „phänomonologischen“ Schritte tun kann, ohne eine
Setzung zu machen, welche zwar noch nicht selbst die
Setzung „Seele“ ist, aber doch schon mit ihr zusammenhängt:
was Wollung, was Freude „sei“, will sie wissen, und sie
weiß, daß sie hier Entdeckungen machen und ihre Ent¬
deckungen, wovon wir noch reden werden, verbessern kann.
Das setzt eine #Mim-Selbständigkeit der „untersuchten“
Gebilde voraus, die natürlich nicht roh dinghaft zu denken
ist. Das Sosein von Wollung schaute mein Selbst „früher“
nur unscharf, jetzt schaue ich es in scharfer Analyse. Da
l) Vielleicht sogar der Begriff ttberpersönliche Ganzheit.
Vgl. Wirklichkeitalehre, S. 125 ff.