4. Die eigene Lehre.
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a) Es „gibt“ viele Iche mit Eigenschaften im Sinne von formalen
Tfttigkeitavermögen; daneben „gibt“ es viele in ihrem Aneich unbe¬
kannte Dinge. Erfahrung ist das Ergebnis der Wirkung der Dinge
auf die Iche. Das ist echter sogenannter Psychologismus; heute
ist er wenig mehr vertreten. Es ist ohne weiteres klar, daß er nicht
nur die Begriffe „Tätigkeit“ und „viele Iche“, sondern auch alles mög¬
liche andere, z. B. die Begriffe „Eigenschaft“ und „Wirken“, an viel
zu früher Stelle und gänzlich ungeklärt einführt.
b) Es gibt tätigen Vorstand und chaotisches sinnliches Material,
nach dessen Herkunft nicht gefragt wird,; Erfahrung (Wissen) ist das
Ergebnis der Wirkung des Verstandes auf das Material, Das ist
echter Solipsismus, wenn Verstand in der Einzahl gesetzt wird;
wir wollen es dagegen in unbestimmter Form Idealismus nennen,
wenn vorausgesetzt wird, es gebe viele Verstandesiche. Der Solipsismus
ist „kritischer“ als der Idealismus, aber auch er arbeitet zu Unrecht
von Anfang an mit bewußter Tätigkeit und ist nicht unser metho¬
discher Solipsismus.
c) Alles ist ebenso wie. beim Idealismus, aber die tätigen Ver¬
standesiche haben Teil an einem „Bewußtsein überhaupt“, sind Aus¬
druck eines solchen Bewußtseins. Erfahrung ist daher nichi nur für
die vielen Iche als solche gültig, sondern allgemeingültig. Das
ist metaphysischer Idealismus, er ist heute in weiten Kreisen
herrschend. Er trägt unkritische oder, besser, vorkritische Reste aus
der Auffassung des täglichen Lebens in dem Begriffe „viele“ Iche
oder Subjokte in sich, und er hat in den Begriffen „Bewußtsein über¬
haupt“ und „allgemeingültig“ illegitime, d. h, zu früh aufgestellto,
metaphysische Bestandteile.
d) Das Bewußtsein überhaupt produziert in seinen Aus¬
prägungen, den Einzelsubjekten, die gesamte Erfahrung nach Form und
Inhalt in allgemeingültiger Weise. Das ist offenkundige Metaphysik,
es faßt die Lehren Fichtes und Hegels in sich.
e) Ich mit meinem Erleben, das aus mir stammt, bin das Einzige,
was es gibt. Das ist dogmatischer Solipsismus, und zwar
„negativ“ dogmatischer; es wird nämlich dogmatisch, d. h. ohne zu¬
reichenden Grund, das Sem eines Anderen als des Ich negiert. Diese
Lehre wird kaum ernstlich vertreten.
Man könnte vielleicht die Liste durch weitere Gliederung noch
reicher machen; es genügt aber das Mitgeteilte unseren Absichten1).
4. Die eigene Lehre.
Wir stellen nun allen hier kurz angedeuteten Lehren zu¬
nächst unsere eigene Lehrmeinung schlicht entgegen:
Dian vergleiche zu dem Vorstehenden meinen Aufsatz in den
Kantstudien 22 (1917),