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IX. Rückblick.
Ich mache nicht Ordnung in einen chaotischen Stoff
hinein, sondern ich befinde gehabte Inhalte als in Ord¬
nung. Und ich habe wohl als Ordnungsbegriffe die Setzungen
werden, tun, sich bewegen usw., aber ich tue und werde nicht,
wenn ich sie habe. Sollte aber Einer hier einwenden, daß
ich doch Bewegung, etwa meines Arms, erlebe und darin
sicher ein Tun erlebe, so ist ihm dieses zu erwidern: was
populär das „Erleben von Bewegung*, gleich als ob das ein
Tun-erleben sei, bedeutet, ist nur ein erlebter besonderer
Inhalt von der Form reiner Solchheit oder „Qualität*, be¬
deutet aber nicht, daß ich werdend oder tuend erlebe; eine
bestimmte Art reiner Solchheit wird hier erlebt — in den
Gelenken vielleicht, physiologisch gesprochen —, ganz ebenso
wie grün oder 'Rosenduft als reine Solchheiten gehabt, rein
gehabt werden.
Aus dem voreiligen Hineintragen von Ordnungsbegriffen,
zumal aus der Psychologie des Wissenserwerbes, in das
schlichte haben oder wissen, welches vor allem anderen
kommt, stammen die vielen Dunkelheiten und Unklarheiten,
welche dem Ausgang allesPhilosophierensanhaften. Descaries
war hier der Wahrheit näher als Kant. Es geht nun einmal
nicht an mit „Vermögen“, wie Sinnlichkeit und Verstand,
zu beginnen, und ebensowenig darf unbesehen als Tatbestand
hingenommen werden, daß Denken eine erlebte Tätigkeit sei.
Nur Wissen als in Ordnung haben — das ist allerdings „hin¬
zunehmen“. Aber nun wiederum nur als schlichtes Ich-wissen,
und nicht etwa als Wissen, welches, sei es im empirischen
Sinne „für Jederraahn“, für „alte Iche“, oder im metaphysischen
für ein „Bewußtsein überhaupt“, angeblich von vornherein
allgemeingültig ist.
Also nichts, was erst im Rahmen des besonderen Ge¬
wußten „erklärt“, d. h. ordnet, darf an den Anfang gestellt