falschen Begriff des Seins. Er habe diesen Begriff in
seinem eigentlichen Gehalt nicht nur nicht verstan¬
den, sondern schlechthin verdreht und verdorben.
Und schon deshalb müsse sich die Philosophie von
dem Idealismus lossagen.
6. Der Einwand vom Wert aus:
Der ethisch-axiologische Einwand.
Das Interesse des Menschen am Sein ist niemals
bloß ein theoretisches, ein wissenschaftliches. Das
verbietet schon die menschliche Doppelnatur, in der
intellektuelle Züge aufs engste mit moralischen und
mit anderen Tendenzen verbunden sind. Aus einem
eigentümlichen Drang und Zwang heraus trachten
wir darnach, unserer Einstellung gegenüber der Wirk¬
lichkeit nicht bloß den Charakter der Wahrheit im
theoretischen Sinne zu geben. Ferner belassen wir
es auch nicht dabei, diese Wirklichkeit selber bloß
als „wirklich“, als unabgeschwächt „wahr“, als in sich
gegründet und in sich ruhend anerkennen zu können.
Wir verlangen, daß diese Realität und diese Wahrheit
nicht bloß theoretisch wirklich und seiend und nicht
bloß theoretisch wahr sein sollen. Ihre Wirklichkeit
und ihre Wahrheit sollen auch wirklich und wahr im
ethischen, im praktischen Sinne sein. In der Ver-
schwisterung des theoretischen Verlangens mit einem
sittlichen Verlangen spricht sich die tiefe und unauf¬
hebbare Wechselbeziehung zwischen der „reinen“
und der „praktischen“ Vernunft, um mit Kant zu
sprechen, oder mit Plato die Wechselbeziehung zwi-
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