Full text: Die Krise des Idealismus

Bevor wir uns aber dieser Betrachtung zuwenden, 
müßten wir doch eine allgemeine Begriffsbestimmung 
vom Wesen des Idealismus geben, um wenigstens ganz 
allgemein das Streitobjekt kennen zu lernen. Wir 
unterlassen diese Definition an der vorliegenden Stelle 
aus zwei Gründen. Erstens wird schon durch die 
Schilderung der Angriffe gegen den Idealismus eine 
— zum mindesten ungefähre — Klärung seines We¬ 
sens geboten. Allerdings eine nur ungefähre Klärung. 
Denn es kennzeichnet zum guten Teil die Eigenart 
dieser Polemik, daß sie den Sinn der idealistischen 
Philosophie verfehlt, und daß sie ihn — höchst para¬ 
doxer- und fast komischerweise — verfehlen muß. Sie 
beruht beinahe durchweg auf überaus charakteristi¬ 
schen Mißverständnissen. Diese Mißverständnisse 
sind aber nicht das Zeugnis oder die Folge einer ir¬ 
gendwie oberflächlichen oder leichtfertigen Deutung 
und Kritik, die dem Idealismus zuteil wird. Sie er¬ 
folgen vielmehr von der Grundlage einer ganz anders 
gearteten Einstellung zur Wirklichkeit aus. Des¬ 
halb verkennen sie mit einer natürlichen Notwendig¬ 
zu würdigen und sich mit ihm in der gebotenen ruhigen und 
sachlichen Weise auseinanderzusetzen, nur in leeren Behaup¬ 
tungen über seine — angebliche — Überlebtheit und Weltfremd¬ 
heit bestehen. Ihre Quelle ist ausnahmslos eine aus Unkennt¬ 
nis seines Wesens und aus dogmatischer Bindung an eine ihm 
gegnerisch gesinnte Weltanschauung zusammengesetzte, vorur¬ 
teilsvolle und den Idealismus gar nicht treffende, typisch dilet¬ 
tantische Haltung, ihr Verlauf ein wesen- und wertloser Feder¬ 
krieg. 
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