Abwehrruf gegen die Behauptung, daß das Denken
außerstande sei, sich der absoluten Wirklichkeit in
der Form absoluter Wahrheit zu bemächtigen, daß
seine Kraft lediglich zur Erkenntnis der Welt der
Erscheinungen ausreiche. Die Ehrfurcht vor dieser
großen geschichtlichen Tradition verbietet der Philo¬
sophie, sich mit dem Phänomenalismus, d. h. mit der
Lehre, daß unsere Erkenntnis auf das Feld der Er¬
scheinungen beschränkt sei, zufrieden zu geben. Jede
ihrer gewaltigen Gestalten, jeder dieser denkschärf¬
sten und zu höchster begrifflicher Konstruktion be¬
gabten Köpfe stellt eine Mahnung gegen die dem
Menschengeiste unwürdige Beschränkung dar, die in
der Theorie des Positivismus zum Ausdruck gelangt.
Die Preisgabe der Metaphysik verstößt gegen den
Sinn und Begriff, sie verstößt aber auch gegen die
tatsächlichen Errungenschaften der Metaphysik und
damit tier Philosophie überhaupt. Die Leistungen
auf dem Gebiete der Metaphysik sind ein Prüfstein
für die Leistungen der Philosophie als solcher. Und
wenn eine philosophische Richtung oder Entwick¬
lungsstufe keine Leistungen dieser Art zu verzeichnen
hat, oder wenn sie bewußt und absichtlich auf solche
Leistungen verzichtet, dann dienen diese Fehlgänge
und diese Stellungnahme nicht nur dazu, daß sich die
allgemeine menschlich-seelische Teilnahme von ihr
abwendet, sondern die Philosophie selber eilt in und
mit ihrer Arbeit über jene Richtung oder Stufe hin¬
weg, die damit der Krise verfallen ist.
Die Paradoxie und die einzigartige Dialektik die¬
ser Entwickelung liegen nun in der unaufhörlichen
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