durch ihre Bindung an die Wahrheit eine höhere Gel¬
tung, als wenn sie lediglich von einer sinnlichen Wahr¬
nehmung abhängig gemacht würde. Sie wird nach
einem Worte Platos gestützt durch die „eisernen
Gründe“ und gehalten durch die „stählernen Klam¬
mern“ der Vernunft.
2) Indem aber diese Stützungsaktion des Gegebe¬
nen durch die Vernunft die Tatsächlichkeit ihrer Un¬
beständigkeit und der Gefahr des Vergehens enthebt,
gewinnt sie eine Wirklichkeit noch in zwei weiteren
Beziehungen. Auch sie ergeben sich selbstverständ¬
lich aus der Kraft der Vernunft und sind somit ide¬
ellen Charakters. Die Steigerung der Wirklichkeit
in der Richtung auf eine höhere Stufe der Wahrheit
stellt diejenige ideelle Beziehung und denjenigen
Wert dar, den wir mit einer unzulänglichen Bezeich¬
nung d a s G u t e nennen. Dabei ist nicht nur an eine
sittliche Wertgebung oder Leistung im engeren, im
sozusagen ausschließlich moralischen Sinne zu den¬
ken. Es bedeutet vielmehr zunächst dasselbe wie
das Wahre. Denn das Wahre ist auf jeden Fall ein
Gutes, selbst dann wenn seine Gewinnung für uns
subjektiv aus diesem oder jenem Grunde schmerzlich
sein sollte. Es fördert nicht bloß die Einsicht in das
Wesen der Erscheinungen und stellt so einen
Schritt auf dem Wege unseres Erkenntnisstrebens
dar, es macht uns auch seelisch reicher und geistig
freier. Eine Schicht der Dunkelheit, der Unwissen¬
heit ist beseitigt, der quälende Druck der intellektu¬
ellen Düsterheit ist gemildert. Und wenn wir uns im
Anschluß an eine alte, tiefe Lehre Gott als den Allwis¬
14 A. Liebert. Die Krise d. Idealismus.
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