philosophischen Standpunktes und der persönlichen
Entschiedenheit, mit der die Einnahme eines solchen
Standpunktes erfolgt, entbehren. Als Philosoph will
er die Erkenntnis nicht bloß den Phänomenen hin-
halten und aualiefern. Sein Bewußtsein soll mehr
als ein bloßer Spiegel der Gegebenheiten sein. Den
Sophisten, seinen bitter gehaßten Gegnern, wirft er
den leidenschaftlich wiederholten Einwand entgegen,
durch ihren Relativismus und Utilitarismus nicht« an¬
deres als ihre philosophische Standpunktlosigkeit zu
bekunden und damit den Mangel des Mutes zur Über¬
nahme einer Verantwortlichkeit an den Tag zu legen,
einer Verantwortlichkeit, die von der unerschütterli¬
chen Kraft des Ethos getragen ist. Rücksicht auf di?
gegebenen Verhältnisse, sei es eine theoretische oder
eine praktische Rücksicht, gilt ihm als des Philoso¬
phen unwürdig. Als Denker fühlt und weiß sich
Plato verpflichtet, eine unerschrockene und vielfach
bis auf das letzte gehende Umwandlung und Empor-
hildung der Realität vorzunehmen. Davon ist auch
die Macht der jeweils herrschenden politischen Par¬
teien nicht ausgeschlossen. Plato vergeistigt, er durch¬
geistigt, er sublimiert die Erscheinungswelt. Er läßt
sich von ihrer Größe und Schwere nicht überwältigen
Keines ihrer Gebilde übt einen so starken Eindruck
auf ihn aus, daß dadurch die Freiheit der Kritik aus¬
geschlossen wäre. Allem, was sich ihm darbietel, steht
er mit jener schöpferischen Freiheit gegenüber, die
sich für den wahren Philosophen geziemt. Zu deut¬
lichstem Ausdruck gelangt diese Freiheit in der mut-
vollen Aufstellung von Werttafeln, von Nonnen, von
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