Full text: Die Krise des Idealismus

überhaupt den Charakter philosophischen Denkens 
aufweisen und wahren will. Irgendwo und irgendwie 
finden sich in solchen Systemen, wie die mittelalter¬ 
liche Scholastik zeigt, mehr oder minder ausgespon¬ 
nene Ansätze zu einer Kritik der Erkenntnis durch 
den Geist und zu einer Kritik des Geistes durch die 
Erkenntnis. Damit aber unternimmt dieser Dogma¬ 
tismus eine Anleihe bei dem Kritizismus, bei dem kri¬ 
tischen Idealismus. Also lehnt auch er sich notwen¬ 
digerweise an den Idealismus an. Denn eine „Prü¬ 
fung“ des Wesens und der Geltung des erkennenden 
Geistes ist stets und unweigerlich ein Bekenntnis zum 
kritischen Idealismus. 
Wie also der reine und sozusagen absolute Realis¬ 
mus und Dogmatismus für den Zweck seiner Begrün¬ 
dung des kritischen Idealismus bedarf, wenn er den 
Charakter eines selbstverantwortlichen Philosophie- 
rens tragen will — und was wäre Philosophie ohne 
diesen Geist der Selbstverantwortlichkeit und Auto¬ 
nomie? — so benötigen auch die genannten philoso¬ 
phischen Misohformen der Hilfe des kritischen Idea¬ 
lismus. Anderenfalls müßte auch ihnen die Aner¬ 
kennung vorenthalten werden, wirklich philosophi¬ 
sche Standpunkte zu sein. — 
Die realistische Phänomenologie in allen Spiel¬ 
arten ihrer Ausbildung, d. h. nach allen Richtungen, 
in denen sie auf die Erfassung und auf die Heran¬ 
führung der Erscheinungen an die Erkenntnis einge¬ 
stellt ist, bleibt, alles in allem genommen, auf halbem 
Wege stehen, auf der Hälfte jenes W^eges, der in die 
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