gen und aus der Spannung zwischen diesen Grund¬
haltungen verstehen. Nun verkörpert und spiegelt,
wie gesagt, die Philosophie in sich und durch sich
in einer begrifflich unirissenen, begrifflich durchge¬
führten und deshalb gleichsam zugespitzten Zeich¬
nung die Hauptzüge in der Verfassung und in dem
Aufbau der Kultur überhaupt und alle wesentlichen
Vorgänge sowie alle wesentlich bedeutsamen Ent¬
scheidungen auf diesem Gebiete. Für das allgemeine,
sich als geschichtliche Wirklichkeit darbietende Gei¬
stesleben sind dieselben Einstellungen und Verhal¬
tungsweisen maßgebend, die auch die Entwicklung
der Philosophie bedingen und leiten. Dieses gewal¬
tige Schauspiel der Geistesarbeit entrollt sich aber in
dem ganzen Reichtum seiner Aufzüge und Auftritte,
mag es sich auf die Philosophie oder auf die Einzel-
wissensehaften oder auf das geschichtliche Dasein der
Menschheit beziehen, in dem Kampf zwischen Rea¬
lismus und Idealismus und in der Wechselbeziehung
zwischen ihnen.
Gegen diese Auffassung und Schilderung werden
möglicher- oder wahrseheinlicherweise zwei Ein¬
wände erhoben werden. Ist wirklich, so könnte der
erste Einwand lauten, die ganze Philosophie in der
Fülle ihrer geschichtlichen und systematischen Aus¬
breitung, sind besonders die vielseitigen und —
scheinbar — ganz neuartigen Absichten und Leistun¬
gen der Philosophie der Gegenwart durch jenen Ge¬
gensatz von Realismus und Idealismus hinlänglich
berücksichtigt und ausreichend gekennzeichnet? Be¬
findet sich eine solche Charakteristik nicht in einem
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