gründe und von dieser Grundlage aus Gott und Welt
und Mensch zu einem unmöglichen und unerträgli¬
chen Monismus verbinde. Gewiß liegt hier ein außer¬
ordentliches Mißverständnis vor. Von solchen Mi߬
verständnissen ist übrigens die ganze Geschichte des
Idealismus in bemerkenswerter Weise begleitet. Aber
Mißverständnis hin, Mißverständnis her: Jene Ausle¬
gung hat, so irrig sie ist, der Geltung des Idealismus ei¬
nen schweren Stoß versetzt, und sie gehört dem Kreise
derjenigen Motive an, die zur Entstehung der über
ihn hereingebrochenen Krise beigetragen haben. Aus
der Gruppe dieser Motive haben wir somit ein neues
Glied kennengelernt.
Diesem Vorgang vermögen wir jedoch noch eine
andere Erkenntnis zu entnehmen. Mißverständnisse
spielen oft eine wichtige geschichtliche Rolle. Und es
wäre reizvoll, das geschichtliche Leben einmal auf
die in ihm auftretenden und sich zu geschichtlicher
Wirksamkeit entfaltenden Mißverständnisse hin ins
Auge zu fassen. Dabei mag es in dem vorliegenden
Falle unerörtert bleiben, ob solche Mißverständnisse
bedrohlicher oder förderlicher Natur sind, und ob
nicht bestimmte und recht triftige Gründe dafür vor¬
liegen, daß gerade das theologische Denken derartige
„Mißverständnisse44 dem Idealismus gegenüber bege¬
hen und sich den Schrittmachern der Opposition ge¬
gen ihn beigesellen muß. Von einem gewissen Stand¬
punkt aus gibt es sozusagen objektiv notwendige Mi߬
verständnisse, bei denen nicht von einer Schuld oder
von einer intellektuellen Unzulänglichkeit die Rede
sein kann. Zu denjenigen Begriffen und Problemen,
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