Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
liert hat, die er nicht unterdrücken kann und daher anerkennen 
muß, welche die feste Struktur des geschichtlichen Denkens bil¬ 
den. Aus ihnen erwächst jene wohlverstandene Objektivität, die 
sich der subjektiven Willkür dessen entgegenstellt, der leichtfertig 
behauptet und leugnet, ohne ernsthafte Gründe ins Feld zu führen; 
statt dessen stützt er sich auf oberflächliche und Gründe ohne Be¬ 
stand, mit denen er sich zufriedengibt, weil er sich leicht zufrieden¬ 
gibt und jeden Sinn für Kritik entbehrt. Denn auch hier gibt es 
solche, die ernsthaft und solche, die in den Tag hinein forschen 
und ohne Nachdenken laufen und flattern; aber der Irrtum kann 
nur von eben dem Gedanken aufgedeckt und geheilt werden, der 
quandoque dormitat. 
Die chronologische Objektivität einer geschichtlichen Tatsache 
wird nicht von dem Begriff der Immanenz der Tatsache im Ge¬ 
danken unterdrückt. Sie wird nur von dem phantastischen Außen¬ 
sein, wo sie durch die fluctuatio imaginationis, von der Spinoza 
sprach, sich schwankend bewegt, ins Innere versetzt, wo sie allein 
verständlich ist. Denn die Vergangenheit hat in der Reihe der 
Zeiten nur in ihrer Beziehung auf die Gegenwart Bedeutung: diese 
Zeitenreihe kann man nicht wahrnehmen, wenn man sie nicht 
rekonstruiert und an die Gegenwart des Gedankens anknüpft, der 
sie rekonstruiert. Werden die verschiedenen Zeitabschnitte des ge¬ 
schichtlichen Inhalts, den der Gedanke in ihnen errichtet, beraubt, 
so kann die Zeit nicht mehr begrifflich erfaßt werden, und ein 
Jahrhundert gilt nicht hundert Jahre noch hundert Sekunden. Die 
Kette wird als Tatsache und Zeitfolge vom geschichtlichen Denken 
geschmiedet und befestigt. Ist sie aber einmal durch die guten 
Gründe befestigt, die der Gedanke für jeden ihrer Ringe hat, so 
kann sie nicht mehr zerrissen werden, wenigstens nicht, solange 
man nicht diese Gründe zerstört. Und in dieser Kette liegt das 
objektive Band, das der Gedanke, wenn er es wiedererkennt, 
respektieren muß. 
6. 
Geschichte, Kunst, Traum. 
Bevor wir zu der zweiten Schwierigkeit übergehen, muß man 
darauf hinweisen, daß zwischen den geschichtlichen Tatsachen, von 
denen wir im allgemeinen im vorangegangenen Paragraphen ge¬ 
sprochen haben, und dem Kunstwerk, das hier im einzelnen zur 
Erörterung steht, ein wesentlicher Unterschied besteht, der wegen
	        
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