Das Dasein der Kunst.
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jenen lebendigen Menschen vermitteln, der der Dichter in der
Welt, die da ist, war. Die Biographie in der Hand eines Pedanten
kann nur ein Phantom zeigen, das sorgfältig hergestellt und
ausgerüstet ist, das aber keine Seele hat. Ein solches Phantom
kann der Dichter nicht gewesen sein. Und in der Hand eines
Künstlers kann sie uns einen wahrscheinlichen, aber nicht wahren
Menschen zeigen, ein Erzeugnis der Phantasie, das vielleicht
hätte existieren können, über dessen Existenz es aber für uns
in keiner Weise eine Sicherheit gibt. Um uns dem Existieren¬
den zu nähern, müssen wir uns an eine Unterlage halten, eine
Unterlage, die erläutert und aus ihrer Gegenständlichkeit in die
Logik des Geistes übersetzt ist, die aber innerhalb dieses Geistes
stets als Grenze betrachtet und gewertet wird. Und von dem Da¬
sein, das Dichter war, findet sich das unmittelbare, authentische, ja
das einzig wirklich authentische Dokument eben dort in seiner
Dichtung. Außerhalb dieser Dichtung mag der Dichter das reichste
Leben als Mitglied seiner Familie oder in der Gesellschaft, in seinen
Leiden wie in seinen Mühen als Denker usw. gelebt haben; von
diesem ganzen Leben werden wir nicht sagen, daß es außerhalb
seiner Poesie liegt; für sich aber, wie es sich uns außerhalb der
Dichtung darstellen mag, ist es nicht Dichtung, und es ist kein
Widerspruch zu denken, daß es nicht in irgendein dichterisches
Werk ausströmte. Diesem selbst müssen wir uns also zuwenden, auf
dieses Werk seiner Kunst die Aufmerksamkeit richten, um den
Dichter als solchen zu erkennen.
So verfährt jeder Kritiker und jeder Historiker, der nicht in
die Luft hinein schwatzt, sondern bemüht ist, mit Sachkenntnis und
mit Ernst von Dichtung, also auch von einer bestimmten Dichtung,
zu sprechen.
3.
Schwierigkeit, die Kunst existentiell zu
erfassen.
Aber viele sagen gleichwohl, sie hätten das einzelne bestimmte
Kunstwerk in sich selbst gegenwärtig, und sie haben ein meist ihm
verbundenes und tatsächlich doch verschiedenartiges Bild im Sinn,
wie etwa ein Buch, wenn es sich um eine Dichtung, eine Leinwand,
wenn es sich um ein Bild, eine Gipsmasse, wenn es sich um eine
Skulptur handelt. Da ist die „Göttliche Komödie“ zu unserer Ver¬
fügung, die wir lesen können: als etwas, was Gegenstand unseres
Erkennens scheint. Daneben ist eine Reihe von Büchern, ein Schrank,
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