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Das Problem der Kunst.
Geist nicht in der absoluten Leere des vollendeten Nicht-Wissens
beharrte. Die Bestätigung des Daseienden, aus dem heraus die
Welt errichtet wird, aus der es dem Menschen natürlich erscheint,
von Wesen und Dingen umgeben zu sein, der erste Gedanke da¬
seiender Wesen, aus dem heraus jedes von ihnen die Bestimmung
seiner spezifischen, von der des Gedankens, der sie denkt, ver¬
schiedenen Natur vornimmt und so gleichermaßen dem Weltgebäude
Farbe verleiht — das alles sind Urteile, mittels deren die denkende
Aktivität des Subjekts ihre freie Ausdrucksform findet, mag es
sich auch der eigenen Freiheit noch nicht bewußt sein, mag es
auch meinen, es sei von einer endlosen Vielheit von Wesen um¬
schlossen, die außerhalb seines eigenen Seins sind. Diese obzwar
ihrer selbst nicht bewußte Freiheit ist Leben des Gedankens und
Freude des Geistes. Wenn dieser Geist denkt, und wäre es auch nur
in diesen primitiven Formen, so wird er der Empfindung, ja den
Spuren jener harten äußeren Wirklichkeit, die seine Energien be¬
grenzt, oder gar zertrümmert, entgehen, weil er sich allmählich in
einer Gedankenwelt der Sicherheit und Wahrheit, in seiner ur-
eigentlichen nämlich, bewegt, wo es nur die Welt der Erfahrung
und der Wissenschaft gibt, die er sich selbst schafft.
Doch wenn man einen Augenblick versucht, über die Grundlage
dieser Gewißheit und dieser Wahrheit nachzudenken, die Grund¬
lage, auf der der Geist eben diese seine Welt errichtet, so muß ihm
der Verdacht aufsteigen, daß jenseits der Dinge, deren er sich ver¬
gewissert, und die er definiert, ein dunkler Hintergrund schlummert,
der ihm die erste Vorstellung jener Dinge ermöglicht: etwas Ge¬
heimnisvolles und Unzugängliches, vor dem der Gedanke, wenn er
sich Rechenschaft ablegt, seine Ohnmacht gestehen muß. Dann
kehren Unruhe und Sorge zurück, und die Freude des Wissens
vergeht vor der vernichtenden Erkenntnis des Leeren. Angstvoll
richten sich die Bliche zur Religion, zur Metaphysik, zur Philo¬
sophie, und der Gedanke fordert von sich selbst die stärkste
Energie, um jenseits all dessen, was existiert, hinauszugelangen,
um Sein und Wesen überhaupt zu klären. Sie zu erklären, indem
der Gedanke auf eine dritte Frage antwortet: auf die des Weshalb,
oder des ersten Grundes, oder des Ursprungs; eine Frage, die hin¬
sichtlich des Gedankens Antwort findet, wenn sein Wesen im Be¬
griff erschaut wird; denn indem der Gedanke das Bewußtsein seiner
Selbst, worin der Begriff besteht, verwirklicht, existiert er mit
seinem Wesen: er erzeugt sich selbst als Gedanken. Eine Frage,
auf die es keinem Sein je an einer Antwort fehlen wird, wenn