Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
dankens, der dichterischen Lehren, des philosophischen, des reli¬ 
giösen Gedankens usw. ist. In dieser Geschichte aber ist jenes 
unicum, nämlich die Dantesche Individualität, mit ihrem besonderen 
Ausdruck, mit ihrer Leidenschaft, mit ihrem Fühlen, unterdrückt. 
Die Dichtung ist in dem wahrhaft individuellen Gefühlsleben, das 
in ihr kreist und sie mit einer besonderen Note im Herzen jedes 
Menschen nachschwingen läßt, der fähig ist, sie zu lesen, unendlich. 
3. 
Von der Beschaffenheit des unendlichen 
Gefühls. 
Offenkundig aber wäre die Unendlichkeit des Gefühls, die sich 
in jedem Kunstwerk spiegelt, eine rein vorübergehende und nicht 
bestehende Unendlichkeit, wenn man sich darauf beschränkte, das 
All und Ganze in der Seele eines einzelnen Individuums erfassen 
zu wollen. Die Unendlichkeit ist nicht der Seele des „Indivi¬ 
duums Dante“ eigen, die mit seiner Individualität unlöslich einem 
materiellen Körper verknüpft und an das Schicksal eben dieses 
Körpers gebunden ist. Der materielle Körper vergeht und hört 
auf zu sein: und geht nicht auch die Seele, die, um zu verstehen, 
fühlen muß, und die mittels des Körpers fühlt, von dannen, wie 
es Pietro Pomponazzi fürchtet? Und was wäre das für eine Un¬ 
endlichkeit, der es bestimmt wäre, zugleich mit der sterblichen 
Individualität zu fallen? Wäre sie vorübergehend? Nein, es gäbe 
sie nicht; denn eine begrenzte Unendlichkeit ist nicht Unendlichkeit. 
Aber die Unendlichkeit des Gefühls und daher des Kunstwerkes 
(das wie alles aus dem Geist Kommende als Wertträger nur un¬ 
endlich und daher unsterblich sein kann) ist nicht die vorgetäuschte 
Unendlichkeit dessen, der sich im Traum als Herr der Welt fühlt 
und dann erwacht und sich in ein elendes, dunkles Zimmer ein¬ 
geschlossen findet und gar einen Klotz an den Füßen fühlt. Die 
Unendlichkeit steht dem Subjekt zu, soweit es Subjekt ist; dieses 
ist zwar Gefühl des Körpers, aber des Körpers, der gefühlt wird, 
und der, wie wir bemerkten, nicht das Körperchen von erbärm¬ 
lichem Aussehen ist, das man als den physischen Körper von X be¬ 
zeichnet, sondern das dem Ganzen, dem Universum gleich ist. Und 
das Subjekt jenseits des Gedankens und jedes Gegensatzes und 
Unterschiedes ist zwar Subjekt meiner; aber eines „Ich“, der, ist 
er einmal geboren, nicht geteilt und nicht zerstreut werden kann. 
Das Subjekt bleibt immer ganz in seiner Unendlichkeit. Eine Un-
	        
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