Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
Attribut der res cogitans keine Möglichkeit hat, zur res extensa 
überzugehen. Körper also im Innern der Seele, wenn man ihn 
vom Standpunkt des Subjekts betrachtet, dem einzig möglichen 
Standpunkt für den, der sich das Ziel setzt, den Erkenntnisvorgang 
zu begreifen. Aber gibt es vielleicht einen andern Körper, an den 
der Gedanke sich binden kann, und von dem man daher offenen 
Auges sprechen könnte? 
Das also ist der Punkt, in dem der Gedanke sich nach Rosmini 
in die Wirklichkeit einfügt. Nicht in die materielle Wirklichkeit, 
sondern in eben die Wirklichkeit, die für den Materialisten 
materiell und doch umgekehrt einfach die Wirklichkeit ist, die der 
Gedanke braucht, und zu der er daher immer wieder sich wendet, 
und in der er sich auch immer wieder findet. Das ist die Wurzel, 
mit der der riesige Baum des Gedankens, der mit seinen Wipfeln 
an den Himmel rührt, der Erde verbunden bleibt, aus der er sein 
Leben zieht, und die den Quell seines Daseins bildet, aus dem er 
wachsen und aufstreben und seine höchsten Zweige bis zu der 
obersten Krone ausdehnen kann. Ihn von der Erde losreißen, 
hieße ihn niederschlagen, die Gefäße seines Lebens zum Verdorren 
bringen, hieße das Leben auslöschen, durch das er sich immer 
stärker zur Höhe erhebt. Diese Wurzel kann das Subjekt nicht 
von jemandem anderem haben. Sie ist sein Attribut, die Voraus¬ 
setzung jeden Geschehens, als dessen Zuschauer oder Urheber es 
gedacht werden kann. Sie ist sein Ausgangspunkt, und durch ihn, 
durch den Menschen, dessen ersten Lebensantrieb sie darstellt, ist 
sie der Ausgangspunkt für alles. 
Dieses Fühlen auf der Grundlage des Lebens des Geistes, der 
Anfang der Erkenntnis jenseits allen Erkennens, der Stützpunkt 
der Persönlichkeit und der Mittelpunkt ist, um den alles sich be¬ 
wegt, was für die Persönlichkeit ist, das heißt also ihre ganze 
Welt, hat große Verwandtschaft mit dem Urgefühl, das wir vor¬ 
hin erörtert haben. Wie es für Rosmini keine intellektuale Wahr¬ 
nehmung und daher keine Erkenntnis gibt, der nicht das Urgefühl 
immanent ist — jenes Urgefühl, durch das jede Idee Idee eines 
Menschen ist, an sein Sein gebunden und gleichsam schwingend 
von der inneren Erschütterung, in der unablässig im individuellen 
Bewußtsein sein dem Leben des All verknüpftes Leben pulsiert —, 
so gibt es für uns keinen Gedanken, der nicht Akt eines Sub¬ 
jekts wäre, gefärbt von seiner Subjektivität, errichtet von seinem 
Interesse, und so mit seinem Leben und seinem Sein unlöslich ver¬ 
bunden. Für den Menschen, der wach ist und tief seinen eigenen
	        
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