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Die Aktualität der Kunst.
nichts anderes mehr als das Subjekt, das die Bedingung a priori
des Idi ist.
9.
Vergleich mit dem Urgefühl Rosminis.
In derselben Sphäre des Transzendentalen im Kantschen Sinne
bewegt sich das „Urgefühl“ (sentimento fondamentale) Rosminis,
so daß eine Auseinandersetzung mit ihm für uns nodi interessanter
sein kann.
Mit jenem Begriff bezeichnet Rosmini — woran zu erinnern
wir schon Gelegenheit nahmen17) — die Wahrnehmung, die die
Seele des Subjekts vom Körper aufnimmt derart, daß dessen
Änderungen sich in den Änderungen des Urgefühls widerspiegeln
und die einzelnen Sinneseindrücke ermöglichen. Auch dieses Ge¬
fühl ist nicht-aktuell, als reines Urgefühl, denn man kann den
Körper nur in seinem Affiziert-sein, in seinem Bestimmt-sein
durch das unablässige Wandeln der inneren und äußeren Elemente
fühlen. Und so ist, was man empfindet, nicht das allgemeine und
unbestimmte Gefühl, in dessen Bestimmt-werden die Sinnes¬
empfindung stattfindet, sondern man empfindet gerade diese oder
jene einzelne Sinnesempfindung. Das Urgefühl aber ist aus einem
zweiten und stärkeren Grunde un-aktuell und daher transzendental.
Denn auch die Sinnesempfindung ist als solche nicht aktuell; man
erfaßt sie mittels der „intellektualen“ Wahrnehmung („percezione
intellettiva“), die der Wesenskern der Erfahrung ist, diesseits dessen
nicht Licht noch Bewußtsein ist. Um etwas zu haben, um etwas
mit Bewußtsein zu haben, beginnt man mit der intellektualen Wahr¬
nehmung. Um sie zu erreichen, genügt nicht die Sinnesempfindung,
sondern es bedarf eines bestimmten geistigen Lichtes, nämlich der
Idee des Seins, die der Intellekt besitzen muß, und deren sich
der Geist als „ursprüngliche synthetische Einheit“ von Sinn und
Intellekt bedient, um die Sinnesempfindung zu bestätigen und sie
zum Subjekt des Urteils zu machen, das in der Erfahrung als
Prädikat immer die Idee des Seins hat; denn alles, was man denkt,
wie immer man denken mag, ist (ist Sein). Wäre das Subjekt nur
Urgefühl, so wäre es Gefühl, und durch das Gefühl bliebe es mit
der gegebenen Welt verbunden und verknüpft; aber es wüßte sie
nicht, und es könnte sich nicht durch das Denken über sie er¬
heben. Daher ist für Rosmini das Subjekt Einheit von Gefühl
und Intellekt.
17) Einleitung Kapitel III, § 6.