Einleitung
Die Fragestellung und Aufgabe der Philosophie des Organischen
Aus le^tHch philosophischen Fragestellungen und Rechenschafts-
ablagen sind alle Wissenschaften entsprungen und in sie münden
sie wieder ein, von letztlich philosophischen Motiven sind auch die
Bemühungen der Einzelwissenschaften gespeist und getrieben. Hans
Driesch’s Leben und Schaffen ist für diese innere Zusammengehörig¬
keit durch seine Personalunion als Philosoph und Biologe ein großes
Beispiel gewesen. Nach hinreichend selbständiger Entfaltung schalten
die Grundwissenschaften zwischen sich und die Philosophie ein
theoretisches Gebiet ein, das schon die Brücke zu ihr zurückschlägt
und in dem sie von sich aus die philosophischen Probleme wieder
aufrollen, aber freilich zugleich auf ihren Gegenstand beschränken,
wie umgekehrt die auf die Gesamtwirklichkeit gerichtete Philoso¬
phie ihre Sonderbetrachtungen gegen die Einzelwissenschaften hin
entwickelt, um sich mit ihnen zu treffen. So schließt sich an die
experimentelle Physik die theoretische an, um ihre letzten Grund-
sätje zu entwickeln, und die Philosophie kommt ihr als Naturphilo¬
sophie entgegen zugleich fragend, empfangend, sichtend, prüfend
und deutend. Auch die Psychologie und die Geschichte bilden solche
Zwischenreiche aus. Die Zwischenstufen zwischen Biologie und
Philosophie sind von der Biologie her als „theoretische Biologie44,
von der Philosophie her als „Philosophie des Organischen44 bezeich¬
net worden. Es sind zunächst erkenntnistheoretische, ontologische
und metaphysische Probleme, in denen sich Einzelwissenschaft und
Philosophie treffen. Die Abhängigkeit unserer Erkenntnis von
unserem Erkenntnisvermögen und seiner Reichweite ist der Gegen¬
stand der Erkenntnistheorie, die Bildung und Klärung der Seins¬
begriffe Gegenstand der Ontologie; zielt jene auf die Rechenschafts¬
ablage vom subjektiven Pol der Erkenntnis aus, so wendet sich diese
dem objektiven Pol zu; früher im Vordergrund, ist sie durch und
nach Kant gegenüber der Erkenntnislehre ins Hintertreffen, ja fast
in Mißkredit und in Vergessenheit geraten und erst die Phänome¬
nologie hat sie wieder zur vollen Anerkennung gebracht; aber auch
in Driesch’s Ordnungslehre treffen sich in eigenartiger Mischung
erkenntnistheoretische und ontologische Betrachtungen. Durch den
Realismus sind diese gefordert als Grundlage einer Wirklichkeits¬
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