Physik) Querschnitt auf Querschnitt durch die Kausalkette ergäbe,
während im zweiten echte Gestalten Vorlagen, echte ganzheitliche
Gebilde, deren Querschnitte „enger“, d. h. nicht nur kausal mitein¬
ander zu einem Ganzen verbunden wären. Nun betrachtet die all¬
gemeine Relativitätstheorie das vierdimensionale Raumzeitkon¬
tinuum als einen realen „Riemannschen“ Raum, d. h. eine Mannig¬
faltigkeit, zu deren Charakterisierung vier Veränderliche für jeden
Punkt notwendig sind, in der aber von Bereich zu Bereich der Ma߬
stab wechselt wie auf einer Landkarte, je nach der Erfülltheit die¬
ses Bereiches mit Materie und Energie und ihren Kraftfeldern, je
nach der „Intensität“ dieses Bereiches, könnten wir kurz auch
sagen; mathematisch drückt sich diese veränderliche „Metrik“ als
variable „Krümmung“ aus. Wollen wir uns wieder eine anschauliche
Vorstellung von dieser „Krümmung“ machen, so müssen wir jetjt
zwei Dimensionen des Raumes unterdrücken und uns das ganze
vierdimensionale Kontinuum als zweidimensionale gekrümmte
„Weltfläche“ vorstellen. Man denke etwa als Näherung eine Zy¬
linderfläche, deren Querschnitte den Raum repräsentieren, aber
nicht Kreise zu sein brauchen, sondern wie verknitterte Kurven
aussehen könnten. Auf dieser Zylinderfläche stellen dann die Man¬
tellinien die Weltlinien der Körper, Elemente und die Lebenslinien
der Leiber dar. Die Körper und Korpuskeln selbst müßten als
Singularitäten irgendwie gekennzeichnet sein, z. B. schon die Ele¬
mente als Quellen der Kraftlinien, als „Ursachen“ der Krümmung.
Weyls Gedanke ist nun der, daß diese Weltlinien der Kraftzentren
gekennzeichnet werden sollten durch unendliche „asymptotische“
Rinnen, die sich aus der Weltfläche hinaus, in deren „Inneres“
hinein ins Bodenlose erstrecken, in eine fünfte Dimension also! Die
Weylsche Innendimension entspricht also gar nicht der Zeit, son¬
dern nur einer fünften Dimension, die zwar längs der realisierten
Zeitlinien, der Weltlinien, aber „senkrecht“ zu ihnen zu denken
wäre. Es mag Weyl dabei ein Gedanke vorgeschwebt haben, wie er
einem in der Physik (unabhängig von der Relativitätstheorie und
der Weltmetrik) begegnet, wenn man eine Ladung als Quellpunkt
für einen Kraftfluß betrachtet (Symbol der theoretischen Physik
e = div@); es fließen unerschöpflich die Kraftlinien aus dem Kraft¬
zentrum; woher fließen sie? Aus einer vierten Dimension, möchte
man sagen, wenn man an einen augenblicklichen Raumzustand
denkt, aus einer fünften müssen wir sagen, wenn wir die vierte
Dimension schon für die Zeit vergeben haben35. Die Zeitdimension
35 Auch an Stöhrs „Disjektion“ in der Schrift „Wege des Glaubens“ (1921)
wäre in diesem Zusammenhang zu erinnern, mit der sich auseinanderzuseljen
hier aber doch zu weit führen würde.
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