Urteil Zutrauen, können wir an der Verbundenheit von Leben und
Erleben und an dessen naher Verwandtschaft mit dem unserigen
keinen Zweifel mehr haben und werden immer mehr zu einem „see¬
lischen44 Inhalt des Innen gedrängt —; entscheidend aber hängt die
Abneigung Wolterecks, das Innen als psychisch anzuerkennen, mit
seiner Immanenzlehre zusammen. Damit aber sind wir wiederum
bei der Frage nach dem Träger angelangt.
4. Der Träger der Lebensmächte, das Subjekt der Entelechie —
Immanenz und Transzendenz
Wir wiederholen: Wenn der sinnhafte Aufbau und die sinnhaften
Funktionen des Organismus eine zielstrebige Eigengesetjlichkeit des
Lebens anzunehmen fordert, wenn — könnten wir hinzufügen —
die Ausdruckshaltigkeit von Gestalt und Bewegung einen spezifi¬
schen Ideengehalt fordern, wenn die Verhaltungsweisen, Aktionen
und Reaktionen der Lebewesen Dränge, Strebungen, Intentionen,
Gedächtnis, Bedeutungs- und Beziehungserfassungen und -herstel-
lungen fordern und wenn mindestens auf durchschaubarer Stufe
Leben und Erleben nicht mehr trennbar sind, dann heißt das, daß
„subjektische“ Träger angenommen werden müssen; wer aber ist
dann das Subjekt? Es ist ein Verdienst von Woltereck, dem Begriff
„subjektischer44 Mächte trotj seiner vorsichtigen, uns zu vorsichtig
scheinenden Vermeidung des Wortes „Seele“ und „seelische Po¬
tenz“ in die Biologie Eingang verschafft zu haben. Aber schon tren¬
nen sich die Wege. Die Drieschsche Entelechie wirkt „in den Raum
hinein44 und ist dem Einzelwesen gegenüber mindestens zunächst
offenbar überindividuell. Sie steht einer passiven Materie der or¬
ganischen Substanz gegenüber, ist ihr und dem Individuum gegen¬
über transzendent, oder, wie Woltereck sagt, „superexistierend“. In
der Einstellung des Naturforschers und wohl auch, um die Natur¬
forscher möglichst wenig vor den Kopf zu stoßen, sind die subjek-
ti8chen Mächte Wolterecks an die lebende Substanz und an die
,,ontÌ8chen Zentren“, die Individuen also, gebunden, sie sind ihnen
immanent, wenngleich auch sie unräumlich sind. Maßgebender Leit¬
gedanke war wohl, wie gesagt, daß uns die Erfahrung nirgends
„beweise“, daß lebendiges Sosein durch übersubjektische, super¬
existierende Mächte gemacht würde; bloße Prinzipien aber wirkten
nicht, sondern gälten nur. Die Frage ist aufregend. Wir stellen da¬
her zunächst das Problem der Trägerschaft der Drieschschen Ente¬
lechie selbst zurück und wenden uns dieser grundsätjlichsten Gabe¬
lung zu.
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