met gewesen und ihr Ergebnis ist, daß nunmehr die schon einleitend
erwähnte „Mikrophysik“ der „Makrophysik“ gegenübersteht. Hat
sich damit auch für das Lebensproblem etwas Entscheidendes ge¬
ändert?
Es ist nicht leicht, die Kerngedanken der Mikrophysik aus dem
zweifellos fruchtbaren, aber nach Sinn und Bedeutung schwer
durchschaubaren und noch nicht endgültig geklärten mathematischen
Formalismus herauszuschälen, aber soviel steht fest: Es reichen für
das molekulare, atomare und elementare Geschehen die Vorstellun¬
gen und Gesetje der sogenannten klassischen Physik nicht hin. Atome
und Moleküle sind selbst ganzheitliche Gebilde, für deren Erhaltung,
Veränderung und Bestimmbarkeit eine der wichtigsten universellen
Konstanten, das sogenannte Plancksche Wirkungsquantum, eine ent¬
scheidende Rolle spielt. Die Dimension dieses Wirkungsquantums
„h“ ist Energie mal Zeit (6,62XlO-27 erg. • sec.). Von den Letjt-
elementen, die ihrerseits als die „Bausteine“ des Atoms gelten, kön¬
nen wir nicht mehr sagen, sie seien jeweils an einem bestimmten
Ort (ideal in einem Raumpunkt), sie hätten eine eindeutige Bahn,
die sie kontinuierlich durchlaufen, von den Leßtereignissen nicht
mehr, sie erfolgten in einem bestimmten Zeitpunkt mit einem
exakten, bestimmten zugehörigen Energieumsatj. Wir können nur
den Ort einengen, wo sie sich geltend machen; aber je mehr wir es
nach Lage der Dinge tun bzw. durch einen experimentellen Eingriff
provozieren können, umsomehr verlieren wir die Zukunft, die Be¬
wegungsgröße und Richtung aus dem Auge; je mehr uns an dieser
liegt, umso größer wird unsere Unsicherheit in Bezug auf den
gegenwärtigen Ort; je genauer wir die Zeit messen, umso unsicherer
wird unsere Aussage über die Energie und umgekehrt. Und zwar
ist diese „Heisenbergsche Unsicherheitsrelation“ — das Produkt der
Ungenauigkeit von Ort und Bewegungsgröße (Impuls), bzw. von
Energie und Zeit ist mindestens gleich h (1926) — nicht etwa —
darüber ist sich die theoretische Physik einig — eine Folge der
Unzulänglichkeit unserer Messungen und der uns heute zur Ver¬
fügung stehenden Meßmittel, eine „derzeitige“ Grenze also, über
die hinauszukommen wir durch bessere Vorrichtungen hoffen dürf¬
ten, sondern sie ist eine Naturgegebenheit, eine endgültige Grenze.
Es ist aber auch nicht so, wie manche theoretische Physiker glauben
oder zu glauben wenigstens durch ihre Darstellung nahelegen, als
ob es sich nur um eine reine „Subjekt-Objektrelation“ handle: Durch
unseren störenden Eingriff, der auf die Beobachtung der einen von
den beiden „komplementären“ Größen gerichtet ist, machen wir es
eben unmöglich, die andere gleichzeitig zu erfassen, so wie ein Psy¬
chologe nicht gleichzeitig sich selbst beobachten kann, ohne seinen
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