Full text: Über die Freiheit

richtig aus Rousseaus Grundsätzen abgeleitet waren. 
Das Volk, das alles tun kann, ist ebenso gefährlich, 
ja gefährlicher als ein Gewaltherrscher; oder viel¬ 
mehr, die Gewaltherrschaft wird sich sicher des 
Rechtes bemächtigen, das dem Volk gewährt worden 
ist. Sie wird die Allgewalt dieses Volkes verkündi¬ 
gen, es aber gleichzeitig bedrohen; sie wird in seinem 
Namen sprechen, es jedoch gleichzeitig zum Schwei¬ 
gen bringen. 
Rousseau erschrak selber vor diesen Folgen. An¬ 
gesichts der Unendlichkeit der gesellschaftlichen Ge¬ 
walt, die er soeben geschaffen hatte, wurde er von 
der Furcht ergriffen. Er wusste nicht, in welche 
Hände er diese ungeheure Macht legen sollte. Als 
Schutzmittel gegen die mit einer solchen Staatsge¬ 
walt untrennbar verbundene Gefahr fand er einen 
Ausweg, der ihre Ausübung verunmöglichte. Er er¬ 
klärte, dass die Souveränität weder veräussert noch 
übertragen noch vertreten, mit andern Worten, dass 
sie gar nicht ausgeübt werden könne. Das bedeutete 
die tatsächliche Aufhebung des Grundsatzes, den er 
soeben verkündet hatte. 
Die Anhänger der Gewaltherrschaft gehen hin¬ 
gegen viel offener vor, wenn sie von dem gleichen 
Grundsatz sprechen, weil er sie eben stützt und för¬ 
dert. Der Mann, der das geistreichste System der 
Gewaltherrschaft errichtet hat, Hobbes, hat sich be¬ 
müht, die Souveränität als uneingeschränkt hinzu¬ 
stellen, um daraus die Gesetzlichkeit der unbe¬ 
schränkten Alleinherrschaft abzuleiten. Die Souve¬ 
ränität, sagt er, ist unbeschränkt; diese Wahrheit ist 
67
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.