Full text: Über die Freiheit

massregeln und Hindernissen umgeben ist, übt er sie 
aus, indessen nur, um sie abzutreten. 
Ich muss hier, meine Herren, einen Augenblick 
innehalten, um einem Einwand zuvorzukommen, 
den man gegen mich erheben könnte. Es gab im Al¬ 
tertum eine Republik, wo das persönliche Dasein 
nicht so vollständig der Gesamtkörperschaft unter¬ 
worfen war, wie ich es soeben dargestellt habe. Diese 
Republik ist die berühmteste von allen; Sie erraten, 
dass ich von Athen sprechen will. Ich werde später 
darauf zurückkommen und Ihnen die Ursache dieser 
Ausnahme darlegen. Wir werden sehen, weshalb 
Athen unter allen alten Staaten am meisten den neuen 
glich. Überall sonst war die gesellschaftliche Recht¬ 
sprechung unbeschränkt. Die Alten hatten, wie Con¬ 
dorcet sagt, keine Vorstellung von persönlichen Rech¬ 
ten. Die Menschen waren sozusagen nur Maschinen, 
deren Triebkraft und Räderwerk das Gesetz ord¬ 
nete und leitete. Die gleiche Knechtschaft kennzeich¬ 
nete die schönen Jahrhunderte der römischen Re¬ 
publik; der Einzelne verschwand gleichsam in der 
Nation, der Städter in der Stadt. 
Wir werden jetzt den Ursachen dieses wesent¬ 
lichen Unterschiedes zwischen Altertum und Gegen¬ 
wart nachgehen. 
Alle alten Republiken waren von engen Grenzen 
umgeben. Die volkreichste, mächtigste und bedeu¬ 
tendste unter ihnen kam an Ausdehnung nicht einmal 
dem kleinsten der gegenwärtigen Staaten gleich. Eine 
unvermeidliche Folge dieses geringen Umfangs war 
der kriegerische Geist dieser Republiken; jedes Volk 
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