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Trier im Sommer das königliche Lager verliess, um einen Feld¬
zug gegen die Burg Thuron an der Mosel zu unternehmen1);
Konrad kehrte erst im September nach Aachen zurück.
Eine Entscheidung brachten erst die gegen Ende Herbst
ins Lager vor Aachen kommenden Friesen herbei. Sie hatten
nemlich einen Kreuzzug in das heilige Land zu unternehmen
geloht; aber auf Wilhelms Bitte hatte Innocenz am 8. April 1248
auch ihr Gelübde, wie das so vieler anderer durch den Legaten
dahin umändern lassen, dass sie statt den Kreuzzug zu unter¬
nehmen dem König Wilhelm eine bestimmte Zeit dienen und
gleichen Ablass dafür erhalten sollten1 2). Daher unterstützten
sie jetzt ihn bei der Belagerung der Stadt Aachen. Hierbei
kam grade ihnen die natürliche Beschaffenheit und die Lage
des Ortes vortrefflich zu statten. Denn da Aachen in einem
fast rings von Bergen umgebenen Tbale lag, so versperrten die
des Deichbaus kundigen Friesen den von den Bergen herab-
strömenden Gewässern durch einen im Osten der Stadt auf¬
geworfenen 40 Fuss hohen Damm den Abfluss, so dass in kurzer
Zeit der dritte Teil der Stadt unter Wasser gesetzt wurde.
Jetzt stieg die Nolh unter den Belagerten rasch. ,,Das Getreide
ging allmählich aus, das noch vorhandene Brod und Fleisch
waren verdorben und ungeniessbar; die Waffen abgenutzt und
verrostet, die Kleidung zerrissen. Das Aussehen der Frauen
änderte sich; die kleinen Kinder verlangten Nahrung, und nie¬
mand konnte sie ihnen reichen“. So schildert Matthäus Pari-
siensis3) den Zustand in der Stadt. Dazu kamen tägliche, ja
stündliche Angriffe seitens der Belagerer, deren Zahl jetzt so
sehr angewachsen war, dass abwechselnd ein Teil am Tage,
der andere in der Nacht die Belagerten bedrängen konnte4).
Da nun auch die von König Konrad versprochene Hilfe noch
1) Cardauns, Ivonrad 26.
2) Potili. II, 12894.
3) ed. Luard V, 25: Tritico deficiente, panis eorum opirus et muscidus;
caro rancida, arma confracta rubigineque consumpta, vestes attritae. Im¬
mutata est species mulierum, parvuli escam petierunt, nec erant, qui fran¬
gerent et porrigerent.
4) Matth. Par. a. a. O. 5, 25.