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strebender und muthiger Jüngling bekannt war'), für geeignet
halten, sei es nun das Interesse des Reiches oder — und so
rechnete der Herzog wohl — das der eigenen Familie zu för¬
dern.
Auf seinen Rath wurde daher die deutsche Krone seinem
Neffen angeboten, und nach den kurzen Charakterschilderungen,
welche die Quellen von Wilhelm entwerfen, können wir uns
sehr wohl erklären, dass er auf diese Anträge einging. Sein
hoch streben der Sinn, die Hoffnung, sich durch die Annahme
der Krone einen unsterblichen Namen verschaffen zu können,
überhaupt sein Idealismus liessen ihn die wirklichen Hinder¬
nisse, welche ihm, wie er später nur zu gut einsehen musste,
die Praxis in den Weg legte, völlig übersehen. Die Aufgaben,
welche er mit der Rönigskrone übernahm, übersah er durch¬
aus nicht und war ihnen auch nicht gewachsen. Dem Papst
aber konnte dieser Candidat nur erwünscht sein. Denn Wil¬
helm besass nur die kaum 100 Quadratmeilen grosse Grafschaft
Holland, ganz im Nordwesten des Reichs gelegen: nur diese
bildete seine Hausmacht. Wenn er also etwas erreichen wollte,
so war er ganz auf die Hilfe der Kirche angewiesen, nur mit
päpstlichem Gehle konnte er sich halten; dabei empfahl er sich
aber den Anhängern der päpstlichen Partei durch seine per¬
sönlichen Eigenschaften. Ein besserer Candidat als Wilhelm
liess sich schwer finden: leicht würde sich, so rechnete Inno-
cenz, der Jüngling von der Kirche leiten lassen.
2. Die Wahl des Grafen Wilhelm von Holland
zum römischen König'.
Einen Candidaten hatte also die päpstliche Partei gefunden;
es handelte sich jetzt darum, eine möglichst grosse Anzahl
deutscher Fürsten zu veranlassen, an der ausgeschriebenen
Versammlung, in der die Wahl vorgenommen werden sollte,
teil zu nehmen. Aber wenn schon die Aufstellung eines Candi¬
daten der päpstlichen Partei grosse Schwierigkeiten bereitet
hatte, so war dieses ebenso sehr der Fall bei den Versuchen,
die deutschen Fürsten auf ihre Seite zu ziehen. Trotz der
1) Vgl. die S. 19 Anm, 1—4, S. 20 Anm. 1. 2 angeführten Stellen.