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bestimmten Termin ein Candidat gefunden wäre, diesen von
den Versammelten, die natürlich le'cht zustimmen würden, zum
König „wählen“ zu lassen.
Trotz aller Bemühungen des Papstes durch Geld, Predigten
und Strafandrohungen hatte seine Partei in Deutschland kaum
zugenommen: die Zahl der Fürsten, welche dem Papste als
Candidaten für den Königsthron angenehm sein konnten, war
sehr gering. Denn ein solcher Candidat durfte natürlich nicht
zu mächtig sein, dass er der Kirche selbst hätte gefährlich
werden können; er sollte vielmehr im Papste einen Schutzherrn
erblicken, ohne welchen er nichts unternehmen konnte und
durfte; dabei musste er den Mangel an Macht möglichst durch
persönliche Tüchtigkeit ersetzen, um sich dadurch wenigstens
bei den Fürsten zu empfehlen. Die Hauptbedingung für den
zu erwählenden König blieb jedoch die Abhängigkeit vom Papst
und von der Kirche überhaupt.
Innocenz selbst sah nach den Erfahrungen, welche er bei
der Aufstellung Heinrichs von Thüringen als Candidaten für
den deutschen Thron gemacht hatte, wohl ein, dass nicht leicht
jemand die deutsche Krone gegen Friedrich II. und Konrad
annehmen würde. Daher hatte er von Lyon aus gleichzeitig
mit Capocci drei andere Legaten nach Italien, Spanien und Nor¬
wegen entsandt, um auch in diesen Ländern gegen die Staufen
zu wirken. Nach einem englischen Schriftsteller1), dessen Be-
i) Malth. Par. ed. Luard V, 201. Der Zweifel, welchen Böhmer,
Beg. imp. i. ab. a. 1246 und ad a. 1313, S. 3 an der Glaubwürdigkeit
dieser nur hier überlieferten Nachricht ausgesprochen hat, ist wohl nicht
zu rechtfertigen. Denn nach des Matthäus Erzählung hat ihm König
flako selbst den Grund angegeben, welcher ihn zur Nichtannahrne der
Anerbietung des Papstes veranlasste. Sehr gut können wir uns auch
erklären, wenn Matthäus allein, da er doch über englische Verhältnisse
so gut unterrichtet ist, von den dem Bruder seines Königs seitens des
Papstes gemachten Anerbietungen uns berichtet. Da Richard, wie Mat¬
thäus selbst sagt, die Anerbietungen rundweg abschlug — praecise contra¬
dixit —, so sind also wohl keine weiteren Verhandlungen darüber
gepflogen, und in Deutschland wurde von der Sache überhaupt nichts
bekannt. Auch Busson, Doppelwahl, S. 9 zweifelt nicht an der Glaub¬
würdigkeit dieser Erzählung: er irrt aber, wenn er S. 9, Anm. 1 sagt,