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gewinnen wir zugleich einen Anhaltspunkt für die Zeit dieser
wenigstens der ersten Gesandtschaft. Im Herbst 1254 hatten
die Verhandlungen Ottokars mit Konrad von Köln und seinen
Verbündeten begonnen und waren etwa im Nov. so weit gediehen,
dass die endgiltige Entscheidung nur noch vom Papste abhing.
Im Nov. wird Ottokar Gesandte an Innocenz IV. geschickt
haben; dieser sollte die Angelegenheit aber nicht mehr ent¬
scheiden. Ain 7. Dec. 1254 starb er zu Neapel1). Die Gesandten
mussten unverrichteter Sache zurückkehren. Die Wiederaufnahme
der Verhandlungen wurde dann besonders verzögert durch den
im Winter 1254 auf 55 unternommenen Feldzug Ottokars gegen
die heidnischen Preussen1 2), auf welchem näher einzugehen unser
Thema verbietet. Erst im Febr. 1255 kehrte Ottokar, nachdem
er einige Erfolge über die Preussen errungen hatte, in seine
Besitzungen zurück.
Der Hauptgrund, welcher die Erhebung Ottokars zum
römischen König vereitelte, lag doch wohl auf Seilen Wilhelms
selbst. Wir sahen, dass er im Anfang des Herbstes 1254 nach
Beendigung des Feldzuges gegen Karl von Anjou nicht abgeneigt
sein mochte, der Krone zu Gunsten Ottokars freiwillig zu ent¬
sagen. Damals war Wilhelms Lage allerdings eine so verzwei¬
felte, wie wohl nie zu einer anderen Zeit während seiner ganzen
Regierung. Noch einmal versuchte er den Erzbischof von Köln
wieder für sich zu gew innen. Im Anfang Jan. 12553) traf er
in Begleitung des Legaten Capocci mit ihm in Neuss zusammen.
Man verlangte die Freilassung des im Herbst 1254 von ihm
gefangenen Bischofs Simon von Paderborn. Konrad weigerte
sich; man schied in noch grösserer Feindschaft, als man ge¬
kommen, und der Erzbischof liess sogar das Haus, worin der
König und der Legat verweilten, in Brand stecken. Kaum
konnten sie sich retten.
Jetzt musste Wilhelm einsehen, dass an eine Versöhnung
mit diesem gefährlichsten Feinde nicht mehr zu denken war;
mit ihm und dem Erzbischof von Trier ist er überhaupt nicht
mehr zusammengekommen.
1) Polthasl II, S. 1283.
2) Böhmer, Reg. imp. 1246 — 1313. S. 431. 432.
3) Diese Zeit ist durch Cardauns Konrad, S. 40, Anm. 3. zuletzt
völlig festgestellt. Dort sind auch die Quellen angeführt.