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viel vermuten1). Nur könnte man Margaretha seihst als Ur¬
heberin des Planes aus dem Grunde ansehen, weil grade von
ihr ein Brief überliefert ist, nach welchem sie, ohne mit ihren
beiden Bundesgenossen in Verbindung zu stehen, die deutschen
Fürsten zur Wahl eines Königs dringend aufgefordert haben
soll. Es ist ein Brief an König Ottokar von Böhmen, welchen
sie zur Annahme der Krone gegen Wilhelm bewegen will. Denn
diesen halte die Partei zu ihrem Candidaten ausersehen, einen
Fürsten, welcher damals allein von den deutschen Fürsten ge¬
neigt und auch ganz besonders befähigt war, in diesen stür¬
mischen Zeiten die Krone mit Erfolg zu tragen. Wenn schon
die meisten anderen deutschen Fürsten, obwohl sie Wilhelm
anerkannt hatten, dennoch ganz unabhängig waren, so konnte
sich Ottokar von Böhmen vor allem als völlig selbständiger
Herrscher seines Königreiches rühmen. Freilich hatte auch er
(am 18. Sept. 12531 3) der Kirche und König Wilhelm Beistand
zu leisten gelobt und dieses Versprechen nach seines Vaters
Tode (am 8. Nov. d. J.3) erneuert und dabei gelobt, dem König
auf dessen Verlangen persönlich huldigen zu wollen; aber bei
dem Versprechen war es auch geblieben. So hinderte es ihn
denn nicht, auf die ihm von den Gegnern Wilhelms gemachten
Anerbietungen zur Annahme der Krone einzugelicn. Die Ver¬
handlungen, welche im Sommer 1254 hierüber zwischen Ottokar
und den drei Verbündeten zu Stande kamen, wurden sehr geheim
gehalten, kein Schriftsteller hat uns eine Kunde davon über¬
liefert. Aber dennoch erfuhren Wilhelm und seine Beschützer,
vor allem der päpstliche Legat, schon wenige Monate nach
Beginn derselben, welche Absichten ihre Gegner hegten; denn
schon am 7. Oct. 1254 suchte der päpstliche Legat Pietro Capocci
,,die Bestrebungen derjenigen, welche contra exaltationem des
1) Dass aber die Worte Konrads in jenem Vertrage mit dem Burg¬
grafen Aon Kaiserswerth, Avorin er von der Möglichkeit einer Abdankung
Wilhelms spricht, „ein Vorbote des Verrathes gegen den König“ gewesen
sei, wie Cardauns, Konrad S. 33, meint, ist doch wohl kaum anzunehmen;
denn grade von 1249 bis 1252 zeigt sich Konrad bei den Zügen Wil¬
helms am Rhein als sein treuer Bundesgenosse.
2) Böhmer, Reg. 1246—1313, S. 430, nr. 53.
3) Böhmer a. a. 0. 431, nr. 57.