Die SPD, deren Vorsitzender Kurt Conrad als Arbeitsminister einen von Anfang
an sachlichen und vorrangig auf sozialpolitische Fragen gerichteten Kurs verfolgte,
präsentierte sich seit Anfang 1956 als geeinte Partei. Konflikte und Auseinander¬
setzungen zwischen den Sozialdemokraten wurden dadurch auf die innerparteiliche
Ebene verlagert. Besonders heftige Debatten entspannen sich, als mit der Einglie¬
derung in die Bundesrepublik auch die Ablösung des - als überlegen ange¬
sehenen - saarländischen Sozialleistungssystems unternommen werden sollte. Die
zustimmende Haltung der SPD gegenüber den Ergebnissen der Eingliederungs¬
verhandlungen stieß nicht zuletzt bei den Gewerkschaften auf deutliche Kritik.''2
Hingegen wählte die DPS, deren entschlossenes Eintreten für eine „deutsche“
Lösung am stärksten mit Versprechungen über die Wahrung des „sozialen Besitz¬
standes“ verknüpft gewesen war, einen anderen Weg. Sie verweigerte dem Einglie¬
derungsgesetz am 13. Dezember 1956 die Zustimmung und löste damit den Bruch
der „Heimatbund“-Koalition aus.5' Da der Spagat zwischen pro-deutschem Image
und Kritik an der Eingliederung kaum überzeugend zu vermitteln war, konnte die
DPS ihre anfänglichen Wahlerfolge nicht wiederholen.
Bevor allerdings diese strukturellen Veränderungen wirksam werden konnten,
mussten nach der Ablehnung des europäischen Statuts erneut die Grundprobleme
der Saarfrage verhandelt werden. Ähnlich wie schon bei vorangegangenen Ver¬
handlungen auf internationaler Ebene, wurde der saarländischen Regierung auch
diesmal keine direkte Beteiligung zugestanden. Statt dessen nahmen lediglich
einige Vertreter der Saar als Experten auf bundesdeutscher Seite an den Luxem¬
burger Verhandlungen teil. Zum Verhandlungsführer für das Saarland wurde Adolf
Blind bestimmt, die Koordination auf Fachebene übernahm ein eigener Lenkungs¬
ausschuss. Einfluss auf den Zeitplan der Verhandlungen konnten die Saarländer
nicht nehmen - unter anderem deshalb, weil das im Januar 1956 gebildete „Hei-
matbund“-Kabinett kaum auf die Verhandlungen vorbereitet war und von den
deutsch-französischen Sondierungsgesprächen ausgeschlossen blieb. Zunächst
mussten die Saarvertreter ihre Forderung nach einer möglichst kurzen Übergangs¬
zeit zwischen politischer und wirtschaftlicher Eingliederung verteidigen, wobei sie
sich schließlich gegen den von französischer Seite - wohl als Teil der Maximal-
forderungs-Strategie - eingebrachten Vorschlag einer zehnjährigen Übergangs¬
periode durchsetzen konnten. Hingegen scheiterten die saarländischen Vertreter mit
ihrem zweiten wichtigen Anliegen, die rechtlichen Verhältnisse im Warndt durch
schrittweise Zugeständnisse in der Frage der von französischer Seite gewünschten
Moselkanalisierung zu verbessern.* 54 Dieses Junktim - wenig später sogar noch um
die Drohung erweitert, im Ernstfall die Gespräche platzen zu lassen - basierte
Vgl. Quelle Nr. 93.
53 Vgl. Quelle Nr. 95.
54 Vgl. Quelle Nr. 92.
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