Deutschlandpolitik zuwiderlief, sollte die Saar nun einen Platz in der - allerdings
recht fragilen - Konzeption der Union française einnehmen. Doch auch dieser
Schritt war innerhalb der französischen Verwaltung von Anfang an heftig um¬
stritten.13 Erstens waren die ökonomischen, administrativen und technischen
Vorbereitungen an der Saar kaum ausreichend, zweitens schienen die Belastungen
durch mögliche wirtschaftliche Rückwirkungen auf das eigene Land und die übrige
Besatzungszone kaum kalkulierbar. Die geringe Bereitschaft in Paris, eine politi¬
sche Grundsatzentscheidung über die Saar zu treffen, ermöglichte schließlich in
währungspolitischer Hinsicht nur eine Zwischenlösung: Anstelle einer Integration
in das französische Währungsgebiet führte das Saarland im Juni 1947 die Saarmark
als offizielle Währung ein.
Die in Reichweite und Umsetzung sehr unterschiedlichen Vorstöße von Verwal¬
tung und Politik bei der Ausgestaltung der Saar-Politik wurden erst ab der Mitte
des Jahres 1947 zu einer systematischen Lösung weiterentwickelt. Nachdem die
territoriale Gestalt der Saar geklärt und die Anrechnung der von einer wirtschaft¬
lichen Integration zu erwartenden ökonomischen Vorteile auf die französischen Re¬
parationsansprüche — im Einvernehmen mit den Alliierten - geregelt worden
waren, wurden mit der saarländischen Verfassung und den ersten sogenannten
Saarkonventionen die Grundlagen für eine Zoll- und Währungsunion des Saar-
landcs mit Frankreich gelegt. Allerdings musste die französische Regierung einen
erneuten Rückschlag hinnehmen, als ihre Versuche scheiterten, die seit Anfang
1946 laufenden Vorbereitungen für eine saarländische Verfassung in ihrem Sinne
zu beeinflussen.14 Der letztlich überraschend eng an andere deutsche Länderver¬
fassungen angelehnte Text wurde vielmehr in Abstimmung mit der französischen
Militärbehörde in Saarbrücken redigiert. Vor allem der in der Präambel der Ver¬
fassung verankerte Gedanke einer Wirtschaftsunion mit Frankreich verdeutlichte
die Sonderstellung der Saar gegenüber anderen deutschen Ländern. Sehr viel mehr
Einfluss gewann Paris erst durch die - zusammen mit der Verfassung vom saar¬
ländischen Landtag ratifizierten - bilateralen Abkommen über eine franzö¬
sisch-saarländische Steuer- und Haushaltssatzung sowie die Organisation des
Justizwesens, welche das Verhältnis zwischen Frankreich und der Saar in wesent¬
lichen Bereichen regelten. Obwohl auch diese Abkommen in hektischen
Nachverhandlungen mit den Vertretern Frankreichs in Saarbrücken nachgebessert
und entschärft werden mussten, konnten sich die Pariser Intentionen hier dennoch
in weiten Teilen durchsetzen. Ergänzt wurden die Abkommen durch ein Dekret
über die Befugnisse des Hohen Kommissars der Französischen Republik, wie die
offizielle Amtsbezeichnung Gilbert Grandvals seit 1948 lautete. Dadurch wurden
alle gesetzgeberischen Maßnahmen und Personalentscheidungen der Zustimmungs¬
13 Vgl. Quelle Nr. 11.
14 Vgl. Quelle Nr. 16.
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