Full text: Das Saarland zwischen Frankreich, Deutschland und Europa

einer heftigen Krise befindet, hervorgerufen durch einen Vertrauens Verlust, den die 
Kommunistische Partei durch ihre, von ihr selbst eingestandene falsche Ein¬ 
schätzung der Situation vor 1933 und durch gewisse Enttäuschungen, die im Ver¬ 
laufe des Krieges eintraten, erlitt. Unsere Widerstandskraft verdanken wir allein 
der Tatsache, daß wir immer eine unabhängige Politik in verständlicher Überein¬ 
stimmung mit der sozialistischen Internationale betrieben haben. Es heißt keines¬ 
falls die Schaffung einer Einheitsfront zu sabotieren, wenn wir die Klärung be¬ 
stimmter Vorfragen abwarten. Die Kommunistische Partei hat jetzt die Möglich¬ 
keit, in ihrer praktischen Politik den Beweis dafür zu erbringen, daß sie das Prinzip 
der Unabhängigkeit respektiert, daß sie sich zur integralen Demokratie bekennt, die 
den Schutz der oppositionellen Minderheit einschließt und daß sie nicht nur aus 
den Zeiten der nationalsozialistischen Unterdrückung, sondern auch aus der 
Epoche, die dieser Unterdrückung vorausgegangen ist, die Lehren gezogen hat. Die 
Gefahren, die im Augenblick aus einem Getrenntmarschieren der Arbeiterbewe¬ 
gung erwachsen können, sind bei dem an sich engen politischen Aktionsradius 
nicht so groß, als daß wir uns diese gegenseitige Bewährungsprobe nicht noch auf 
einige Zeit zum Heile der Arbeiterbewegung gestatten können. 
Wenn ich mich nun noch mit eine paar Worten an die Christliche Volkspartei 
wende, so nicht ihrer selbst wegen, sondern — sprechen wir das ganz offen aus — 
wegen dem, was dahintersteht oder was die einzelnen Chefs dieser Partei ganz 
gerne dahinter stellen möchten: nämlich die Kirche und die Religion. Vor einigen 
Wochen sprach in Saarbrücken auf einer kirchenpolitischen Tagung der 
protestantische Pfarrer Asmussen ein sehr kluges und beherzigenswertes Wort aus. 
ln einem Gespräch über die Kirche und die politischen Parteien, in dem er der 
Kirche die Aufgabe zuwies, nicht im Vordergrund des Lebens stehen zu sollen, 
meinte Herr Asmussen, die sich christlich nennenden Parteien seien keine 
Einrichtungen der Kirche und die Kirche hinwiederum auch keine Einrichtung 
dieser Parteien. Dazu können wir Sozialdemokraten nur „Ja“ - und wenn es 
bestimmten Leuten Spaß machen sollte, auch „Amen“ sagen. Die Christliche 
Volkspartei behauptet, daß sie die Hüterin des christlichen Glaubensgutes und der 
christlichen Moral in den weltlichen Auseinandersetzungen sei. Mag das eine 
verständliche Spekulation dieser Partei auf die Unterstützung des kirchlichen 
Machtapparates sein, mag das ehrlich gemeint sein, wir halten uns nicht für 
berufen, darüber eine Entscheidung heute schon zu treffen. Wir müßten uns aber 
dagegen wehren, wenn die Christliche Volkspartei mit dieser Feststellung einen 
Ausschließlichkeitsanspruch in der Vertretung christlicher Prinzipien im 
Öffentlichen Leben geltend machen und damit allen anderen politischen Parteien 
eine Stellung im neutralen oder gar religionsfeindlichen Sektor zuweisen würde. Es 
gibt gegenwärtig keine politische Partei, der man Religionsfeindschaft oder 
Kirchenfeindschaft nachweisen könnte. Die Sozialdemokratische Partei betont, daß 
sie nicht nur das Terrain der Kirche zu respektieren bereit ist, sondern daß sie auch 
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