Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

Als am Hof von Sizilien ein Turnier ausgerufen wird, bei dem die Königstochter Florie 
und mit ihr das gesamte Reich als Preis gesetzt sind, erbittet der Marschall von Florenz 
bei Balduin die Hilfe seines Sohnes Lewe und verspricht als Gegenleistung, die Schulden 
auszugleichen. Lewe, der sich selbst in die Königstochter verliebt hat und am Turnier teil¬ 
nehmen möchte, versagt dem Marschall seine Hilfe. Daraufhin reitet dieser erzürnt weg 
(Bl. 22—24'). 
(Bl. 22r/Abb. 10): Die Bildaufteilung ist dem vorherigen Bild sehr ähnlich. Auf der linken Bild¬ 
hälfte ist wieder der Burgraum dargestellt. Allerdings nahm der Zeichner kleinere Veränderungen vor: 
Die Decke ist gewölbt und das Fenster erhielt eine tiefere Laibung. Balduin steht an der Wand und redet 
mit Lewe, der ihm gegenüber und dem Betrachter den Rücken guwendet. Auf Lewes linker Hand sitgt 
ein Sperber; seine rechte ist in die Seite gestemmt. Diese Haltung unterstreicht Lewes Ablehnung auf das 
Angebot des Marschalls von Floren% der mit einer abweisenden Handbewegung sich gur Tür dreht. Der 
Marsch all ist in enge Beinlinge, ein tailliertes Wams mit gepufften Schultern gekleidet und trägt eine Kap¬ 
pe mit langer Feder. 
Das rechte Bildfeld geigt den Marschall vor der Burg der sein Pferd an den Zügeln hält und von Mon- 
clin aufbricht. Im Vordergrund reitet Lewe von der rechten Seite in das Bild hinein. Auf seiner Hand 
sitgt der Sperber und um sein Pferd springen verschiedene Hunde369 * herum. Das Hintergeug von Lewes 
Pferd ist an den Hängeriemen und am Brustriemen mit einem Herg mit aufgesetgter Krone ge¬ 
schmückt: 0 
Lewe beobachtet die zum Turnier reitenden Ritter von der Burg aus und beschließt, 
dorhin zu reiten. Als Balduin ihm die Wahrheit über seine Herkunft verrät, ist die Tren¬ 
nung durch die Fernliebe zu Florendne und die Elternsuche doppelt motiviert. Als Beweis 
für den Wahrheitsanspruch überreicht Balduin ihm das Seidentuch, in dem er als Findel¬ 
kind eingewickelt war. Balduin schenkt Lewe ein Pferd und Geld, damit er zum Turnier 
reiten kann, und schlägt ihn zum Ritter. Nachdem Lewe von Monclin aufgebrochen ist, 
wird wenig später von seinem Konkurrenten, dem Marschall von Florenz, gefangen ge¬ 
nommen (Bl. 56r—6L). 
(Bl. 55r/Abb. 20): ' 1 Balduin und Lewe beobachten aus den Fenstern der Burg 1 einen im Vorder¬ 
grund vorbeigiehenden Rätter. Die Bug steht auf einem Hügel, um die Burg ist eine Mauer mit Türmen 
gegogen. Der Ritter, der mit Sch aller und einer Stechlange ausgerüstet ist, gieht mit einem Gespann, das 
von gwei Pferden gegogen wird, an der Bug vorbei Richtung Sigilien. Der gweiachsige Wagen ist detail¬ 
369 Für die Darstellung der Hunde könnte der Kupferstich Die große Kreuztragung (Abb. AUSST.KAT. 
HAUSBUCHMEISTER, S, 91) von Martin Schongauer, Die drei lebenden und die drei toten Könige 
(Ausst.Kat. Hausbuchmeister, S. 136£), Die Hirschjagd (Ausst.Kat. Hausbuchmeister, S. 149), 
Der Auszug der Jagd (AUSST.KAT. HAUSBUCHMEISTER, S. 153) oder im Hausbuch auf fol. 12a 
(AUSST.KAT. Hausbuchmeister, S. 209) des Hausbuchmeisters als Vorlage gedient haben. 
370 Die Leserichtung der beiden Szenen ist nicht eindeutig, denn die rechte Darstellung könnte auch als An¬ 
kunft Lewes auf der Burg die erste Szene sein, danach die Unterredung mit Balduin und dem Marschall 
von Florenz. Damit wäre die Leserichtung gegenläufig (von rechts nach links) zur herkömmlichen. 
3 1 Zwei Details der unteren beiden Bilder ragen über die Bildbegrenzungslinie hinaus: Zum einen die 
Schuhspitze Balduins und zum anderen die Helmzier des Schailers. 
3 2 Die Hintergründe der Fenster sind in späterer Zeit mit Ocker koloriert worden. 
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