Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

Der betrügerische Ritter und die Herzogin treten mit ihren Beweisstücken vor den Kö¬ 
nig. Daraufhin kommt es zu einem gerichtlichen Zweikampf.Nach der Niederlage ge¬ 
steht der Ritter seinen Betrug. Anschließend wird Adelheid zum königlichen Heerführer 
ernannt (Bl. 33—36'). 
(Bl. 26'/Abb. 12): In einem großen Saal sitzen der König und Florie auf einem reich verwerten 
Thron mit hohem Baldachin. Vor ihnen entlarvt Adelheid mit der Zunge des Riesen in der Hand den 
Betrüger; der dessen Kopf besitzt. 
Die rechte Bildhälfte %eigt den Kampf ^wischen dem Rätter und der Herzogin auf dem Turnierplatz 
vor dem Talast, aus dessen Fenster der König und seine Tochter dem Geschehen ziehen. Vorne liegt der 
Rätter niedergestreckt auf dem Boden, hebt die Hand zur Abwehr gegen den Schlag der Herzogin, die ihm 
schon ein Bein abgeschlagen hat. Diese setzt mit hoch erhobenem Schwert zgm letzten Schlag an, beide 
Hände am Schwertgriff, den Blick fest auf den Rätter gerichtet. Hinter der Absperrung steht ein Richter, 
der dem Schlag der Herzogin mit abwehrender Geste Einhalt gebietet, und am rechten Bildrand ein Zu¬ 
schauer. Im Hintergrund hängt, hoch auf einem Hügel, am Galgen der betrügerische Rätter. 
Nach dem Kampf zwingen die Zudringlichkeiten der Königstochter die Herzogin ihre 
weibliche Identität preiszugeben, indem sie ihre Brust entblößt (Bl. 37v-42'). 
(BI. 37V/Abb. 13): Die Entblößungsszene findet in Flories Kammer auf einer breiten Bank statt, 
die bis zur Wand reicht. Die Wand ist durch ein Fenster mit tiefer Laibung und einem Fensterladen 
durchbrochen. Der Anschnitt des reich verzierten Himmelbetts auf der linken Seite verdeutlicht, dass die 
Szene lediglich einen Ausschnitt der Kammer zeigt. Aus der Mitte leicht nach links verschoben sitzen 
Adelheid und Florie auf großen Kissen mit Quasten. Adelheid, deren Wams bis zgr Taille geöffnet ist 
und ihre linke Schulter entblößt, präsentiert Florie ihre nackte Brust. Florie hingegen drückt die Herzo¬ 
gin in fester Umarmung an sich, den linken Arm um ihre Schultern und die rechte Hand auf ihrem 
Schoß. Die lange Schleppe von Flories Kleid wurde so um die Beine der Herzogin drapiert, dass der Stoff 
dieselbe Biegung aufweist wie Flories rechter Arm. Die Heimlichkeit der Entblößung veranschaulichte der 
Miniator, indem er hinter der Kammertür einen Bediensteten des Königshofes darstellt. Dieser steht frontal 
Zum Betrachter, die linke Hand an der Türklinke; die Rechte rafft seinen Mantel ein wenig um ihm 
Fußfreiheit zp gewähren. 
Die Königstochter offenbart ihrem Vater, dass der kühne Ritter eine Frau ist. Die 
Schönheit der Herzogin Adelheid weckt die prompte Liebe des Königs von Toledo, der 
sie sofort heiraten will. Gegen den Willen Adelheids findet am selben Abend im Palast ein 
Verlobungsmahl statt. Nachts verhilft ein Engel Adelheid zur Flucht und verkündet ihr, 
dass sie sowohl ihren Ehemann Herpin als auch ihren Sohn Lewe in Toledo wieder sehen 
werde. Unerkannt lebt sie in zerlumpten Kleidern lange Zeit als Bettlerin in den Gassen und 
auf den Misthaufen Toledos, bis sie ihren Mann und ihren Sohn wiedersieht (Bl. 43'—44'). 
(Bl. 38r/Abb. 14): Florie präsentiert ihrem Vater die Herzogin, die sich bei ihr untergehakt hat. 
Die beiden Frauen kommen mit jungen Dienern, die ihre langen Schleppen tragen, in den Thronsaal. Die 
Herzogin trägt nun ein Kleid mit körperbetontem Mieder, dessen Ärmel mit Federn oder Fell verbrämt 
sind. Ihre Haare sind unter eine hohe Haube frisiert, die reich mit Ferien verfiert ist. Florie steht gestiku- 
356 Dazu vgl. Gaebel 2002, S. 131,133f. 
70
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.