Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

Der Schreibduktus und die Schreibsprache der Zimelie deuten auf den nordbairisch- 
ostfränkischen Raum hin. Der ostfränkische, der im Übergangsgebiet um Nürnberg zu 
finden war, und der nordbairische Dialekt sind eng miteinander verbunden.111 Für das 
Bairische sprechen vor allem der Wandel von b und g zu p und k und besonders die im 
Bairischen und Ostfränkischen zu findende Monophthongierung von ie zu i und uo zu 
u.331 332 Der Vergleich zwischen der Sprache der Herpin-Handschrift mit den Ergebnissen 
Werner Beschs in seiner Untersuchung zu den sprachlichen Unterschieden im Mittel¬ 
hochdeutschen zeigt, dass die Sprache der Handschrift zwischen nordbairischem und ost¬ 
fränkischem Sprachgebrauch liegt, und somit wohl aus dem Raum um Nürnberg und 
Würzburg stammt.333 
3.4. Inhalt und Aufbau der Handschrift 
Die Handschrift enthält den Text der Historie um Herzog Herpin und ein vor- sowie 
ein nachgestelltes Kapitelverzeichnis (Zählung mit der Ziffer nachgestelltem Asterisk *). 
Am Ende der Kapitel ist von einer Hand des 16. Jahrhunderts eine Zählung in römischen 
Ziffern nachgetragen. Die Handschrift setzt sich wie folgt zusammen:334 
331 Paul/KlEIN 252007, S. 43. Besonderer Dank für freundliche Hinweise gebührt Frau Dr. Elisabeth 
Wunderle von der Bayerischen Staatsbibliothek in München. 
332 Paul/Klein 252007, S. 37; Besch 1967, S. 79 und 83, Karte 2a, S. 83. 
333 Der sprachliche Vergleich zeigt, dass im bairischen und Nürnberger Bereich die Diphthonge ei und 
au/aw vorherrschen (BESCH 1967, S. 75 und S. 77 Karte 1). Der Diphthong ei erscheint sowohl in 
Würzburg als auch in Nürnberg (BESCH 1967, S. 76 und 79, S. 78 Karte 2). Das mittelhochdeutsche uo 
wird im Bairischen vorwiegend mit u wiedergegeben (auch in Würzburg), im Ostfränkischen wird gele¬ 
gentlich auch ü geschrieben (BESCH 1967, S. 79 und 83, S. 80 Karte 2a). Das mittelhochdeutsche ou 
wird in Würzburg und Nürnberg zu au/aw gesenkt (BESCH 1967, S. 83, S. 81 Karte 3). Bei den Verben 
gehen und stehen herrscht im Bairischen und im Raum Würzburg-Nürnberg der Infinitiv gen/geen/gehen 
(BESCH 1967, S. 83f., S. 82 Karte 4) und sten/steen/stehen (BESCH 1967, S. 86, S. 87 Karte 6) und der Im¬ 
perativ ge/gee/gehe (BESCH 1967, S. 84, S. 85 Karte 5) vor. Allerdings sind auch einige unterschiedlichen 
Sprachgebräuche festzustellen: In Würzburg wird für die Zahl 12 %wölf geschrieben, in Nürnberg %welf 
(BESCH 1967, S. 100 und 103, S. 101 Karte 14); in Nürnberg und Würzburg heißt es kunig, allerdings 
kann in Nürnberg auch könig/konig geschrieben werden (BESCH 1967, S. 104, S. 105 Karte 16). Bei Wör¬ 
tern wie schwert/ swert (BESCH 1967, S. 111, S. 112 Karte 20), schnelliglich/snelliglich (BESCH 1967, S. 111, 
S. 110 Karte 19) und schmert^Jsmert^ (BESCH 1967, S. 111, S. 109 Karte 18) werden die Langformen oft¬ 
mals im Nürnberger Raum verwendet, die Kurzformen hingegen in Würzburg und Nürnberg. Die Wör¬ 
ter weit (BESCH 1967, S. 122f., S. 120 Karte 25), ^wischen (BESCH 1967, S. 130 und 132, S. 131 Karte 30), 
dickeIdick als auch oft/oft (BESCH 1967, S. 155-157, S. 154 Karte 39) und kirchen (BESCH 1967, S. 181f., 
S. 180 Karte 49) herrschen in Nürnberg und Würzburg vor. Bei der Verneinung wird im Würzburger 
Raum nit verwendet, in Nürnberg hingegen nicht (BESCH 1967, S. 201 f., S. 203 Karte 57). Vgl. auch 
Ausst.Kat. Aderlass, S. 136. 
334 Hier erfolgt die Seitenzählung nach der neuen Zählung nach Blättern, nicht nach der alten Seitenzählung, 
die auf Seite 708 um 100 Seiten zurückspringt. 
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