3.2. Bucheinband
Die Handschrift umfasst 449 beschriebene Papierblätter zwischen einem Holzdeckelein¬
band 11 aus rotbraunem Leder ohne Schließen. Trotz des schlechten Erhaltungszustandes
des Ledereinbandes aus dem 15. Jahrhundert ist das Dekorationsschema von Vorder- und
Rückdeckel aus vier Rahmenleisten um ein rechteckiges Binnenfeld, das diagonal geteilt
ist, zu erkennen. Die Linien wurden mit Hilfe eines Streicheisens gezogen, die verschiede¬
nen Ornamente hingegen mit Stempeln auf das Leder gepresst.1"2 Im Binnenfeld des
rechteckigen Streifenrahmens, der an der Vertikalseite 350 x 240 mm und an der horizon¬
talen Seite 35 x 117 mm misst, wurde in dessen Mitte ein breites Rankenband1"1 mit je¬
weils vier Rosetten (ca. 23 mm) auf der senkrechten und drei auf der waagrechten Rah¬
menleiste eingepresst. Die Rosetten, ein häufiges Motiv in der spätmittelalterlichen Blind¬
druckdekoration,1"4 bestehen aus drei Blattkränzen mit jeweils fünf breit gebuchteten Blü¬
tenblättern.Das Rosettenband ist begleitet von kleinen, auf Lücke gestellten Vierblatt¬
blüten. Innerhalb des Rahmens wurde das Binnenrechteck durch Diagonalen in vier Drei¬
ecke untergliedert.1"" Die Teilfelder wurden mit einem regelmäßigen Rautenmuster über¬
zogen und sind symmetrisch mit jeweils fünf Granatäpfeln mit Hüllenblättern (ca.
22 mm) '" und einem rhombischen Lilienmotiv (ca. 10 mm)3"*1 gefüllt. Nach unten hin
wird das Rechteck begrenzt durch ein 35 mm breites Band mit fünf Rauten, in denen
schwer zu identifizierende Vogel-309 und Löwen-Stempel31" stehen. Die Einzelstempel
Herzogs Lewen: (mit Federzeichnungen in der ersten Hälfte der Handschrift) Seac: XV. Acc. Cat. 151“
(Dienstkatalog Berlin, Nr. 464). Die Akzessionsnummer 151 wurde auf Blatt 2V* eingetragen. Mit dem
Buchstaben T ist vermerkt, dass, nach der Auslagerung während des zweiten Weltkrieges, die Herpin-
Handschrift mit weiteren Berliner Codices in der Universitätsbibliothek in Tübingen vereint und wieder
nach Berlin zurückgebracht wurde. Für diese Auskunft bedanke ich mich besonders bei Herrn Wolfgang
Hamm von der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz.
300 PAUNEL 1965, S. 194; INDEX LlBRORUM 1839, S. IV: „Im Jahre 1829 [...] und die von dem verstorbe¬
nen Professor Büsching zu Breslau hinterlassenen 51 altdeutschen Handschriften für 120 thl. gekauft;
[...]“.
301 Der Holzdeckeleinband misst 225 x 340 mm. Der Buchrücken mit vier Bünden ist etwa 112 mm breit.
Unten auf dem Buchrücken ist ein rotes Schild mit der Handschriftensignatur aufgeklebt.
3«2 MAZAL 1983, Sp. 824; Hellwig 1970, S. 82.
303 Zum Rankenband vgl. SCHUNKE 1979, S. 214, Ranke 26.
304 Hellwig 1970, S. 83.
305 Vgl. hierzu die Abbildung der fünfblättrigen Rosette in ZlESCHE/BECKER 1977, S. 52.
306 Das Dekorationsschema eines durch Diagonalen in Dreiecke aufgeteiltes und von einem Streifenrahmen
eingefasstes Mittelfeld ist eine seit 1420 verwendete Grundaufteilung der Buchdeckel, vgl.
Ziesche/Becker 1977, Abb. S. 8 unten; Loubier 1926, S. 99 und Hellwig 1970, S. 82£; Mazal
1983, Sp. 826; MAZAL 1975, S. 200; KYRISS 1949, S. 201; HUSUNG 1925, S. 12. Vgl. die Buchbeschläge
in Ausst.Kat. AUSSEN-ANSICHTEN, Kat.-Nr. 32, S. 72f.
307 Das Motiv des Granatapfels wurde im 15. Jahrhundert vermehrt in Nürnberg und Umgebung verwendet
(HELLWIG 1970, S. 56), doch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Stempel serienmäßig her¬
gestellt wurden und mehrere Jahre in Benutzung waren. Vgl. besonders den Einzelstempel bei SCHUNKE
1979, S. 121, Granatapfel 130.
308 Das Lilienmotiv ist dem bei SCHUNKE 1979, S. 173, Lilie 110 ähnlich.
309 Bei den Vögeln könnte es sich um einen Adler handeln, doch erlaubt der Zustand des Ledereinbandes
keine genaue Identifizierung. Ilse Schunke identifiziert die Stempel als Adler, die den Werkstätten um
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