der Landschaft erscheinen vorzugsweise die mit schnellen runden Federstrichen skizzier¬
ten Baumkronen, die auf dünnen Stämmen mit haarfeinen Ästen dargestellt sind, 00 die als
Kugeln stilisierten Büsche und die Ösen bildenden Bäume. 111 Einigen Figurendarstellun¬
gen in der Handschrift dokumentieren den unmittelbaren Einfluss der Holzschnitte: Der
thronende König Darius im ,Schatzbehalter£ weist die gleiche Körperhaltung auf wie der
sizilianische König;02 die einzige Darstellung Gottvaters in der Handschrift ist mit der im
,Schatzbehalter‘ ähnlich, besonders in der Haar- und Barttracht sowie in der Form der
Bügelkrone und der Sphaira;03 bei der Ausformung von Innenräumen gleichen sich eng
verwandte Konzeptionen an. 04 Hier wie in den Handschriftenminiaturen sind die Thron¬
rückwände mit gemusterten Brokatbehängen dekoriertund die Pferde sind mit dem
wohlbekannten Zaumzeug und Schweifen wiedergegeben, die teilweise hoch gebunden
sind. Die zu Boden gestürzten Reittiere sind in Variation sowohl in den Holzschnitten als
auch in den Zeichnungen zu finden. n<’ Deckungsgleich sind auch die Löwendarstellungen
insbesondere in den bärenähnlichen Ohren, der Mähne, der Beinstellung und der Aus-
fromung der dreizehigen Pfoten. " Das Banner mit einem heraldischen Löwen mit Kro¬
ne, das im ,Schatzbehalter£ vorkommt, wandelte der Illustrator der Herpin-Miniaturen ab:
Spiegelverkehrt und mit wehendem Bannerende (Abb. 57 und Abb. 11) oder ausschlie߬
lich der spiegelverkehrte Löwe (Abb. 86). Diese Hinweise sprechen dafür, dass der Zeich¬
ner der Herpin-Handschrift sich seinen Motivschatz und seine Kenntnisse in einer Nürn¬
berger Werkstatt noch vor Drucklegung der beiden Werke angeeignet hat, da diese einige
Jahre später als die Handschrift publiziert wurden.
Bei Wolgemut und seinen Werkstattmitarbeitern ist die Drapierung der Gewandfalten
in gleichartiger Technik mit den beim Herpin-Meister bekannten graphischen Mitteln ge¬
staltet: Die in Ösen endenden Faltenlinien, die ungestalteten Faltenstege und die Vertie¬
fungen, die mit unterschiedlich intensiven Schraffuren, häufig Kreuzschraffen, gestaltet
sind. Bereits in der Werkstatt Pleydenwurffs wurden die abgeschatteten Seiten und die
Faltentäler mit verstärkten Konturlinien wiedergegeben; die Lichtpartien hingegen blieben
71)0 Vgl. hierzu im ,Schatzbehalter‘ die Figur 6, 8, 15, 22, 38, 58 und im ,Herpin' die Abb. 39, 43, 54, 61, 65,
66—68 und 82. Sowie BETH 1908, S. 273.
701 Figur 40,16,15,21,29.
702 ,Schatzbehalter‘, Figur 8 im ,Herpin' Abb. 14 (hier ist der Thronende spiegelverkehrt dargestellt) und 15.
703 Die Zeichnung zeigt Gottvater als Halbfigur, der in einer Wolke am Himmel sichtbar ist (Abb. 36). Vgl.
die Darstellungen Gottvaters im ,Schatzbehalter‘ Figur 9; 38 und 58 (ebenfalls als Halbfigur in einer
Wolke).
704 Vgl. hierzu die Kapelle im ,Herpin' (Abb. 70) mit dem Kirchenraum der Figur 20: Der Blick wird durch
einen Bogen in das Innere gelenkt, das mit Kreuzrippen gewölbt ist und jeweils zwei Rundbogenfenster
durchbrechen die Wände. Der Blick ist nach hinten in den angrenzenden Raum frei gegeben.
705 Die Muster der Behänge sind unterschiedlich; im ,Herpin' sind durchgängig Granatapfelmuster verwen¬
det worden: ,Schatzbehalter‘ Figur 6 und 55 und im ,Herpin' Abb. 14L, 27 und 33.
"°6 Im Gegensatz zum ,Schatzbehalter‘ liegt in der Handschrift (Abb. 17 und 67) der Pferdekopf auf den
Vorderbeinen auf. Das am Boden liegende Pferd, dessen Nüstern auf dem Boden aufliegen, ist in abge¬
wandelter Körperhaltung in den Zeichnungen zum ,Herpin' wiedergegeben (Abb. 17).
7(17 ,Schatzbehalter‘ Figur 66 und im ,Herpin' Abb. 4 und 6.
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