Neunkircher Eisenwerks übernahm.142 Allerdings war der SFANL auf Dauer kein son¬
derlicher Erfolg beschieden. So trat man den Großteil der Aktien im April 1926 an den
Otto-Wolff-Konzern ab, der nun die Unternehmenspolitik maßgeblich leiten sollte.143
Da neben den Erzfeldern auch die lothringischen Hochofenwerke für Neunkirchen
verloren gingen, musste die Unternehmenspolitik nach dem Ersten Weltkrieg partiell
umgestaltet werden. Lag das Schwergewicht vor 1914/18 auf der Veredelung und Wei¬
terverarbeitung, so musste nun die Roheisenherstellung intensiviert werden. Die not¬
wendige Umorientierung wurde nach der Übernahme des Betriebs durch Otto Wolff
zwar vollzogen und zugleich entwickelte sich das Neunkircher Hochofenwerk zu einem
ausgesprochen modernen Betrieb, aber die Produktion von Roheisen blieb hinter der
Stahlherstellung zurück. Quantitativ am bedeutendsten blieb im gesamten Betrach¬
tungszeitraum der Thomasstahl, ergänzt durch das 1916 in Neunkirchen eingeführte
Siemens-Martin-Verfahren. Das Puddelwerk wurde 1915 aufgrund von Facharbeiter¬
mangel endgültig stillgelegt. Auch die Gießerei verlor zusehends an Gewicht, wohinge¬
gen die beiden Walzwerke erweitert und modernisiert wurden. Eine beträchtliche Ka¬
pazitätssteigerung der Walzwerke Nord und Süd war die Folge, zudem ersetzte man den
überkommenen Dampfbetrieb nach und nach durch elektrische Antriebe.144
Die meisten Verbesserungen der Betriebsanlagen erfolgten nach der Übernahme durch
Otto Wolff. Die Firmeneigner entwickelten ein ambitioniertes Rationalisierungs- und
Effektivierungsprogramm, wozu das Grundkapital 1929 von 15 auf 75 Millionen Francs
erhöht wurde.145 Das Neunkircher Eisenwerk reihte sich damit in den breiten Rationa¬
lisierungsdiskurs der 1920er Jahre ein, der sich in der Eisen- und Stahlindustrie weniger
in Basisinnovationen, als vielmehr in Erweiterungen und Modernisierungen bestehender
Anlagen niederschlug.146 * Von der in Neunkirchen einsetzenden Debatte zeugt ein Schrift¬
wechsel, der sich im Jahr der Betriebsübernahme durch den Wolff-Konzern zwischen der
Werksleitung und den einzelnen Abteilungsleitern entfaltete. An die Verantwortlichen
von insgesamt 16 Betriebsteilen, darunter die Zweigwerke in Blickweiler, Gersheim und
Freudenburg, ging der Ukas heraus, es sollten Vorschläge entwickelt werden, wie die
„Leistungen erhöht und verbilligt“ werden könnten durch „bessere Ausnutzung und Ver¬
besserung der bestehenden Einrichtungen“ sowie durch „bessere Organisation im tech¬
nischen und kaufmännischen Dienst“, aber auch durch die „zweckmäßigste Verwendung
der Arbeitskräfte“.1'* Letzteres hieß nichts anderes, als dass auch die Arbeiter Objekt der
142 Vgl. ebd., S. 101.
142 Vgl. ebd., S. 100; Krajewski 1981, S. 39.
144 Vgl. Frühauf 1980, S. 110-113.
145 Vgl. ebd., S. 100. Die Inkorporierung in den Wolff-Konzern eröffnete dem Werk außerdem neue
Absatzfelder. So partizipierte man am weltweiten Absatznetz des Handelshauses Otto Wolff. Seit 1926
waren die Saareisenwerke zudem Mitglied der Deutschen Rohstahlgemeinschaff und damit gleichzeitig
der Internationalen Rohstahlgemeinschaff.
146 Vgl. Bönig 1980, S. 403.
]4~ StA Nk, Dep. Saarstahl AG, 199-1-6-1916-33. Alle Zitate ebd.
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