vereinzelten Ausständen, in denen die Unzufriedenheit mit den bestehenden Arbeits¬
bedingungen offensiv artikuliert wurde. Darüber wird im weiteren Verlauf der Studie
noch zu sprechen sein.
Oben wurde klargestellt, dass die Fabrikdisziplin ein übergreifender Faktor während
der Industrialisierung darstellte. Was die Schwereisenindustrie allerdings auszeichnete,
war der übergreifende unternehmerische Disziplinierungsanspruch: Die Hüttenoberen
stellten einen den Arbeitsplatz und den privaten Lebensbereich umfassenden Diszip¬
linierungskontext her. Unternehmer wie Stumm und Mayrisch, aber auch ihre Zeit¬
genossen und Nachfolger erhoben Kontrollanspruch auf den ,ganzen Arbeiter. Somit
muss die rigide Fabrikdisziplin im Zusammenhang mit der außerbetrieblichen Diszi¬
plinierung gesehen werden.486 Das Ausgreifen des Hüttenwerks auf den Privatbereich
der Hüttenarbeiter ist ein zentraler Gegenstand des nun folgenden Kapitels IV. Zuvor
jedoch bleibt festzuhalten, dass die komparative Analyse der Arbeitssituation im Neun-
kircher und im Düdelinger Hüttenwerk mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zu
Tage förderte. Die Tatsache, dass sich die Besitzverhältnisse stark unterschieden, dass das
Neunkircher Eisenwerk also gerade in der Ära Stumm ein formal auf den Eigentümer
zugeschnittenes Unternehmen war, während das Düdelinger Werk seit seiner Gründung
ein von angestellten Managern geleitetes Aktienunternehmen darstellte, ändert an den
Übereinstimmungen in der Arbeitswelt nichts. Es zeigt sich am direkten Vergleich, dass
die Eisen- und Stahlindustrie eine nach sehr ähnlichen Prinzipien gestaltete Branche
darstellte. Die Anbindung der saarländischen wie der luxemburgischen Schwerindustrie
an den übergreifenden Branchenkontext ist insofern zwingend notwendig. Metaphern
wie „Saarabien“ oder „Königreich Stumm“ verdecken allzu häufig die vom spezifischen
Revierkontext unabhängigen Strukturen.
Vgl. Trinkaus 1014.
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