Der enge Zusammenhang zwischen industrieller Entwicklung, dem damit einher¬
gehenden Arbeitskräftebedarf und der italienischen Zuwanderung manifestiert sich in
der rein zahlenmäßigen Entwicklung. Eher bescheiden nahmen sich die Zahlen in den
Jahren vor dem Aufschwung der Eisen- und Stahlindustrie aus. Gerade mal 71 Italiener
wurden 1875 auf luxemburgischem Territorium gezählt, auch 1880 waren es erst 119.
Ebenfalls bescheiden war der Anstieg auf 439 Personen im Folgejahrzehnt, ehe dann
in den i89oern die Zahl bis auf 7.432 Personen zur Jahrhundertwende hochschnellte.
Diese Wachstumsraten wurden zwar danach nicht mehr ganz erzielt, aber bis 1910 stieg
die Zahl noch einmal bis auf 10.138.546 548 Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs erfolgte ein
regelrechter Massenexodus der Italiener, die vor allem fürchteten, vom Mutterland ab¬
geschnitten zu werden."54 1922 waren es dann immerhin wieder 6.170 Italiener, ehe der
Höchstwert während des Betrachtungszeitraums mit 14.050 Personen im Jahre 1930 er¬
reicht wurde. Die hohe Zahl korrespondiert mit den in der Eisen- und Stahlproduktion
erzielten Spitzenwerten des Jahres 1929. 1935 schließlich war der Wert im Gefolge der
Wirtschaftskrise wieder zurückgegangen auf 9.268.548 Es sei noch einmal daran erinnert,
dass die Immigranten, und hier besonders die Italiener, in der Krise von Entlassungen
eher betroffen waren als die autochthonen oder auch die häufiger gelernten deutschen
Arbeitskräfte.
In Düdelingen selbst lebten zur Jahrhundertwende 1.752 Italiener, 1905 und 1910 wa¬
ren es 2.045 beziehungsweise 2.037. Damit beherbergte Düdelingen seit dem Einset¬
zen der italienischen Zuwanderung bis zum Ersten Weltkrieg konstant mehr Italiener
als Vertreter anderer ausländischer Nationen. Die italienischen Zuwanderer erreichten
Düdelingen ebenso wie die meisten anderen Fernmigranten über den 1896 eingerichte¬
ten Bahnhof „Dudelange-UsinesV49 Die Zuwanderung war, kaum überraschend, ganz
überwiegend männlich geprägt. 1900 standen 1.501 Männern nur 251 Frauen gegenüber,
1905 waren es 301 Frauen gegenüber 1.744 Männern und 1910 584 gegenüber 1.453.550
Dass aber wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg schon immerhin fast 600 Italienerin¬
nen in Düdelingen lebten, zeigt, dass keineswegs nur ledige Männer oder verheiratete
Männer ohne ihre Frauen wanderten. Die Wanderung im Familienverbund war seltener,
aber keineswegs eine quantité négligeable. Oftmals folgten auch die Frauen den Männern
mit etwas Verzögerung in die neue Heimat. Nach dem kriegsbedingten Einbruch lebten
um 1930 wieder 1.835 Italiener in Düdelingen, Mitte der 1930er Jahre rund 1.650A1 Der
Rückgang ist auf die Wirtschaftskrise zurückzuführen. Man sieht aber, dass die italieni¬
sche Präsenz in Düdelingen trotz der Krise recht hoch blieb.
546 Alle Zahlen und Daten nach Gallo 1987, S. 11.
54 Vgl. Trausch 1981, S. 464#.
548 Alle Zahlen und Daten nach Conrardy/Krantz 1991, S. 174.
549 Vgl. Scuro 1995, S. 142.
Alle Zahlen und Daten nach Gallo 1987, S. 113.
551 Vgl. Gallo 1987, S. 392.
149