Full text: Arbeiterexistenzen und Arbeiterbewegung in den Hüttenstädten Neunkirchen, Saar und Düdelingen, Luxemburg

Um noch tiefer in die Materie einzudringen, sind weitere Quellenrecherchen not¬ 
wendig. Leider hilft hier die einschlägige regional- und lokalhistorische Forschungsli¬ 
teratur nur zum Teil weiter, da sie sich zwar zutreffend, aber zumeist unter dem Hin¬ 
weis auf die defizitäre Quellenlage eben nur sehr rudimentär zu der Problematik äußert. 
Wolfgang Läufer etwa betont die gegenüber dem Steinkohlebergbau schlechtere Quel- 
lensituation in der Hüttenindustrie, wenn er schreibt: „Die Rekrutierung der Arbei¬ 
terschaft des preußischen Saarreviers ist insgesamt recht gut zu erkennen für eine der 
wichtigsten Arbeitergruppen der Saar, die Bergarbeiterschaft, und zwar dank der im 
Vergleich zur Hüttenindustrie doch sehr viel besseren Quellenüberlieferung im staat¬ 
lichen Bergbau [...].“435 Diese Argumentation entspricht in gewisser Hinsicht einem 
Strukturmerkmal saarländischer Arbeiterhistoriographie, wo der Bergbau immer viel 
stärker im Fokus stand als die Eisen- und Stahlindustrie. Auf die Quellenproblematik 
verweist neben anderen auch Helmut Frühauf, der für die Zeit um 1880 feststellt, dass 
„über die Herkunft der auf der Neunkircher Eisenhütte beschäftigten Arbeiter [...] kei¬ 
ne Angaben gemacht werden“ können.436 Konsequenterweise behilft sich Frühauf im 
Weiteren mit hypothetischen Formulierungen wie „es muss angenommen werden“ oder 
„es liegt nahe“.43 Tatsächlich verfügt die Saarbergarbeiterhistoriographie über einen 
leichter zugänglichen und vor allem systematischeren Quellenfundus, da der preußische 
Bergfiskus Statistiken über die Herkunft seiner Arbeitskräfte geführt hat.438 Wie weiter 
unten gezeigt wird, existiert allerdings auch für die Hüttenarbeiter von Neunkirchen 
eine Quellengattung, auf deren Basis konkrete Angaben über die regionale Provenienz 
der Neunkircher Hüttenarbeiter gemacht werden können. Diese fiel allerdings bislang 
durch das Raster der Forschung. 
Trotzdem finden sich gelegentlich konkrete Angaben zur regionalen Provenienz der 
Neunkircher Hüttenarbeiter, beispielsweise bei Joachim Jacob, ln zwei diachron unter¬ 
gliederten Aufsätzen zeichnet Jacob die Urbanisierung Neunkirchens im Zeitalter der 
Industrialisierung nach, wobei er sich im ersten Teil, der die Zeit bis zur Jahrhundertmitte 
abdeckt, auf die Aussage beschränkt, die Ausstrahlungskraft der Neunkircher Industrie 
sei „über die politischen Grenzen in das agrarische Hinterland (Hunsrück, Pfalz) hinaus“ 
gegangen.439 Frühauf sieht das Gros der Hüttenbeschäftigten um die Jahrhundertwende 
aus den umliegenden und benachbarten preußischen Kreisen Ottweiler und St. Wendel, 
435 Läufer 1981, S. 142. 
4,6 Frühauf 1980, S. 66. Ähnlich bei Frühauf 1005 für die Zeit um 1880. Siehe ebd., S. 100. 
Vgl. Frühauf 1980, S. 66 und 94. 
43S So konnte Helmut Frühauf in einem neueren Beitrag auf der Basis preußisch-staatlicher Statistiken 
aus den Jahren 1875, 1890, 1900 und 1910 die Herkunft der Saarbergleute genau nachzeichnen. Dabei 
übernahm er die gängige Aufteilung des Einzugsgebiets in eine „Kernzone“, eine „Randzone“ und ein 
„Ergänzungsgebiet“. Siehe Frühauf, Helmut: Die Bergarbeiterpendelwanderung zu den preußischen 
Steinkohlengruben an der Saar: 1875-1910, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 30 (2004), 
S. 273-347. Zu Friihaufs Quellenbasis vgl. ebd., S. 278 f. 
439 Jacob 1991, S. 34. 
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