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ausgehende stutor für angebracht, neue Decknamen zu erfinden und
außerdem durch eine romanhafte Nusdichtung den Zeitgenossen ein Phan¬
tasiegebilde vorzutäuschen.
In diesem Zinne wird petilius Eerealis (Nquilius) eingekerkert
und auf seinen Umgang mit der Uhodogune (Zolane) hin, ohne Er¬
gebnis der schärferen Frage unterworfen. Nach seiner glücklichen Be¬
freiung — deren geistiger Vater Menantes sein dürfte — rettet er die
Prinzessin aus ihren Banden, muß ihr aber geloben, sich fürder von
ihr fern zu halten. —
Mehr übrig wird der Historiker, als der Ästhetiker für dieses Er¬
zeugnis haben, weder belletristisch, noch geschichtlich wertvoll dagegen
sind die anonymen „Mémoires du regne de George I“ Limier’s
vom Jahre Î729.47)
Die anekdotische Darstellung gehört zu den Minderwertigkeiten der
reichen Memoirenliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts, die mit den
klassischen Werken dieses Genres, den .Mémoires" eines Kardinal de
Netz, einer Mme. de Motteville, eines La Nochefoucauld nur den
Titel, nicht aber die Kunst der Form, die lebensvolle Eharakteristik, die
Echtheit des Zeitkolorits gemein hatten. Die historische Untreue scheint
der Verfasser von Menantes bezogen zu haben, der damals immer
wieder neu aufgelegt wurde. Dessen Nnsätze zur sympathischen Eharak-
terisierung des Kurprinzen arten hier zu einer Idealisierung aus, die
gegen die geschichtliche Wirklichkeit in diesem besonderen Fall, wie gegen
den allgemeinen Zeitgeist verstößt. Eine sittlich doch hochstehende Per¬
sönlichkeit wie die Liselotte von Orleans findet die „maxime" un¬
sinnig, daß ein Ehemann „allein seine gemahlin liebt, undt nicht waß
andreß es seye maistressen oder buben dabey hatt"48), — Limier's
Kurprinz fühlt sich durch seine Verheiratung verpflichtet, seiner bisherigen
Lebensführung zu entsagen und seine Mätresse für immer zu entlassen.
Buch Zophie Dorothea weiß nur von gesetzlich sanktionierter Liebe.
Wie „vorimene" weist sie als Jungfrau wie als Gattin Königsmark
zurück. Die entente cordiale der Ehe kann demnach nur durch eine
Intrigue zerstört werden, die nach dem Vorgang des Menantes in einem
fingierten Ehebruch besteht. Ihn demonstriert „Ndina" durch einen
Brief, die rachedurstige Exmätresse hier ad oculos: sie hat erfahren,
daß die alte Erzieherin Zophie Dorotheas dem Grafen, aus Er¬
barmen mit seiner Liebespein, Gelegenheit machen will, indem sie ihn
auf ihrem Zimmer versteckt und sich selbst krank stellt, um einen Besuch
ihrer Zchülerin herbeizuführen. Nls Königsmark dieser zu Füßen fällt,