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über bereit „weit über ihren stand gehendes bezeigen" lustig, lästert
gern über ihren Wandel und kokettiert vor ihren Augen und zu ihrem
Arger mit dem Aquilius. Mit ihm ist sie so befreundet, daß er „von
allem Wissenschaft haben muste" und ihr die Details seiner Liebes¬
nächte mit der potentiana erzählen darf und soll.
In Aquilius tritt uns der chevalier errant des siècle de Louis XIV
mit seinen Fehlern und Vorzügen lebhaft vor Augen, der „in England,
in Hamburg, in Flandern und in Hannover als ausschweifender Oedaucbe"
bekannte „lockere Vogel" Königsmark.") So strahlend ist der Glanz
seiner Persönlichkeit, daß alle ihn bewundern, beneiden und lieben. In
die Arme, die ihm potentiana begehrend Öffnet, eilt er ohne Bedenken
„als ein junger mensch der alle Wollüste liebele / und aus der¬
gleichen sich kein gewissen machte", — was natürlich seiner „Wacker"-
keit bei Anton Ulrich keinen Eintrag tut. Die männliche Schwäche, daß
er sich des Eindrucks aufs andere Geschlecht rühmt, trägt zu seinem Un¬
glück bei! in Serien (Dresden) nämlich läßt er sich öffentlich darüber
aus, „wie es ihme mit der potentiana ergienge / und in was gnaden
und ansehen er bet) der Printzessin Solctne Iebete".
potentiana trägt weder die körperliche Häßlichkeit des Literatur¬
bösewichts an sich, noch handelt sie a priori teuflisch. Sondern die
Eifersucht auf Solane und der Haß gegen Aquilius, der sich geweigert,
durch eine Vermählung mit ihrer Tochter die üble Nachrede über ihren
intimen Umgang zu zerstören und sie in Syrien bloßgestellt, veranlaßt
die „schöne" Gräfin, die Objekte ihres Unmuts des Ehebruchs zu ver¬
dächtigen, und dafür zu sorgen, daß Mythridates (Ernst August) „den
Aquilius vom brod hilfst".
Über die Art und Weise, wie das während der Abwesenheit und
ohne Wissen des Totys vor sich geht, findet sich hier nichts näheres.
Ls wird nur berichtet, daß die darob verzweifelte Solane vor ihrer Ver¬
bannung „zu Vermehrung ihrer quaal" die Mitteilung erhält, Aquilius
sei bei der Rückkehr von der Zwiesprache, die sie nächtlicherweile über
die beabsichtigte Flucht mit ihm gehalten, niedergemacht worden.
Eine andere Fassung brachte der 6. und 7. Band der 4. Ausgabe
der „Dctavia".^) Sie entstand wohl weniger aus poetischer, denn rein
praktischer Absicht. Trotzdem nämlich der Verfasser die personnages
déguises niemals entkleidete, sondern sogar durch ihre spätere Verwen¬
dung für andere Gestalten seiner Muse die Nachforschung irre zu führen
suchte, wußte man — nach einem Briefe der Liselotte von Orleans^) —
genau Bescheid. Deshalb hielt es der nicht auf Sensationsmacherei
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