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umso stärker, als ihr das übertriebene Standesbewußtsein der Stuarts dL)
eignete. Dazu kam die Beschämung darüber, daß die Person jetzt ihre
Schwiegertochter wurde, die sie früher oft mit Mund und Schrift lächer¬
lich gemacht.
Daß sie diese Gefühle auf ihren Sohn übertrug, leuchtet ein.
Mit dem Egoismus, aber nicht der chevaleresken Leichtlebigkeit
seines Vaters begabt, war Georg Ludwig so kühl reserviert, „daß er
alles, was in feine Nähe kam, zu Eis verwandelte".^) Bei Trunk,
Jagd und Weibern tobte er seine Kräfte aus.
Seine Mätressen — besonders Frau V0N Weyhe, geb. von Mey-
senbug, und Fräulein von der Schulenburg — nahmen jede Gelegenheit
wahr, die Gattin zu benachteiligen, handelte es sich doch für sie um
Sein oder Nichtsein,' wie denn überhaupt die ganze Kamarilla sich
eiligst der Gben beliebten Rrt anbequemte.
passiv verhielt sich Ernst Rugust. Wenn er auch mit Wohl¬
gefallen auf das Medium feines dynastischen Erfolges blickte, so ließ
ihm doch sein scharfes Negieren und reges politisches Interesse^) keine
Rufmerkfamkeit für die Vorgänge in der Familie. —
Das war die Umgebung der jungen Frau.^)
Rlle Mühe, Rnschluß zu gewinnen, war verloren.
Die Schwiegermutter antwortete nur mit förmlicher Kälte, kaum
imstande, ihre wahren Empfindungen den Erfordernissen der Etikette^)
unterzuordnen. Ruch die Geburt zweier Kinder^) brachte keine Änderung,
vielmehr wandte sich Georg Ludwig nach Erfüllung seiner progeni-
torischen pflichten vollends von der ihm aufgenötigten Gemahlin ab,
die — nun eigentlich entbehrlich geworden — allerseits immer schlechter
behandelt wurde.
Doch auch Tröster fanden sich für sie. Mit der Hofdame Eleonore
von dem Knesebeck hielt sie treue Freundschaft, mit ihrem einstigen
Zugendgespielen, dem Grafen Philipp Christoph von KönigSMark,
verband sie eine innige — mindestens platonische — Liebe. Diese läßt
sich weder zeitlich begrenzen, noch kausal bestimmen. Wir wissen nicht,
ob sie sich auch ohne das fördernde Moment der schmählichen Behand¬
lung eingestellt hätte.
Die ganze Sachlage erklärt das Bestreben der Prinzessin, von
Hannover wegzukommen. Konnte sie nun die (yualen nicht länger er¬
tragen, wollte sie sich mit Königsmark vereinigen, oder wirkte beides
zusammen, — jedenfalls wandte sie sich an ihre Eltern und bat sie
einzuschreiten.^) vergebens! Unterordnung unter des Bruders Person
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