Full text: Vorlesungen über praktische Philosophie

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Kap. II. § 18. 
unmittelbarer logischer Übergang vom einen zum andern aus¬ 
geschlossen ist; sie liegen wie in verschiedenen Dimensionen. 
§ 18. Die letzte Stellung (so viel ich sehe), wohin die von 
uns bestrittene Ansicht sich noch zurückzuziehen versuchen 
könnte, wäre der Einwand: den von uns behaupteten reinen 
Sachcharakter des Willensurteils, seine völlige Unabhängig¬ 
keit von Subjekt- wie Objektbeziehung gebe es zwar in reiner 
Abstraktion, nicht aber in konkreter Wirklichkeit; da gebe 
es gar nicht dies Zweierlei, welches die Abstraktion vielleicht 
mit Recht scheide, sondern beides, das Wollen und das Sach¬ 
liche des Gewollten — wie überhaupt alles Psychische; psy¬ 
chisch gegeben müsse doch auch der Sachgehalt des Willens 
sein — bestehe nur in konkreter Einheit. Wir selbst streben 
ja über die starren Scheidungen der Abstraktion stets hinaus 
zum Konkreten; weshalb (wird man uns vielleicht fragen) be¬ 
stehen wir nun gerade hier auf einer Scheidung, die in der 
Abstraktion zwar ihre Berechtigung haben mag, aber im Kon¬ 
kreten des praktischen oder überhaupt des Lebens nichts be¬ 
deutet ? 
Die Antwort darf kurz sein. Wir gedenken in der Tat nicht 
in der Abstraktion stecken zu bleiben, wir streben durchaus 
von ihr zum Konkreten zurück. Aber man wird des Kon¬ 
kreten nicht anders Herr, als wenn man zuerst die Abstrak¬ 
tion reinlich vollzieht. Sonst bedürfte es keiner Wissenschaft, 
keiner Philosophie, keines Begriffs, ja keines Worts; denn 
schon jedes Wort spaltet, es hebt aus dem Geflecht des Er¬ 
lebten ein Einzelnes heraus; es meint unter dem und dem das 
und das, und erwartet, daß der Andere es auch darunter ver¬ 
steht, d. h. seinen geistigen Blick auf dies gemeinte Einzelne 
einstellt und es aus den konkreten Verbindungen, in denen 
es steht und auch verbleiben soll, für die Betrachtung heraus¬ 
löst. Solche Herauslösung kann scharf geschehen oder un¬ 
scharf; das reif entwickelte Bewußtsein fordert und vollzieht 
scharfe Scheidungen, um gerade durch sie zur erreichbar voll¬
	        
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