Full text: Vorlesungen über praktische Philosophie

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Kap. IV. § 77. 
Werthaitigkeit. Sie ist demnach gewiß überendlichen Grun¬ 
des und Ursprungs, aber darum nicht selbst schon überendlich 
und insofern nicht schon überwirklich (über die endliche 
Wirklichkeit hinaus), sondern sie entspringt genau der wech¬ 
selseitigen Bezüglichkeit beider, des Endlichen und Uber¬ 
endlichen (sogenannt ,»Wirklichen“ und „Überwirklichen“). 
Sie drückt aus den Grad der Einsenkung der Totalität in die 
Teilhaftigkeit, des Überendlichen in das Endliche und der 
Durchdringung dieses mit jenem, insofern sie, stets zugleich 
mit der objektiv gerichteten Inhaltsbestimmtheit und der 
Subjektsbeziehung, am Endlichen selbst und in ihm — irgend¬ 
wie wohl in allem Endlichen und endlich Bewußten — leben¬ 
dig wird und es selbst zum Leben weckt; oder den Grad der 
Helligkeit, mit dem der Strahl aus dem Ewigen, also die Idee, 
das Nichtewige durchleuchtet und darin erfaßlich wird. 
§ 77. Ist dies so, dann ergibt sich sofort, daß das bloß 
rational Betrachtete (es sei aber nochmals erinnert, daß das für 
uns nicht heißt: das naturhaft Betrachtete!) insofern wertfrei 
betrachtet sein will; womit nicht gesagt ist, daß es an sich wert¬ 
frei wäre, daß es ein wertfreies bloßes Geschehen überhaupt 
gäbe. Aber es will — insoweit — wertfrei angesehen sein, weil 
die Rationalität den Faktor der Endlichkeit isoliert. Sie hat gar 
keinen anderen Beruf als den dieser Isolierung. Diese kann, als 
Ausgangspunkt, als Nullpunkt, auch für die Wertung, gar 
nicht entbehrt werden. Aber sie bleibt im Nullpunkt der 
Wertung stehen; den Anspruch auf sich stehender Wirklich¬ 
keit und damit Seinswertigkeit zu erheben dürfte sie, wenn 
sie sich selbst versteht, sich gar nicht in den Sinn kommen 
lassen. Aber es gibt nicht bloß rationale, sondern auch das 
Rationale aufs Überrationale beziehende Betrachtung; diese 
aber wird sofort und notwendig zugleich wertend, wertab- 
stufend. Diese aber ist, nach unserem vorigen Ergebnis, keine 
andere als die historische. In schärfster Abhebung von allem 
bloß Rationalen (auf dem gleichwohl auch die historische Be¬
	        
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