Einleitung
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Mythus das Historische seine ihm um seinetwillen un¬
umgänglich erforderliche Transzendenz. Der Mythus
lockert und löst den Druck des Empirischen und
mildert die Zwangsgewalt seiner Gesetze, da er uns
lehrt, das Leben, trotz aller seiner Strenge nicht allzu
schwer und gewichtig zu nehmen, da er uns anweist,
seine Erscheinungen eben nur als,Erscheinungen’, d. h.
nur als Symbole eines ewigen Sinnes anzusehen.
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Die folgenden Ausführungen stellen nicht sowohl
einen Beitrag zur Psychologie als vielmehr zur Philo¬
sophie und Metaphysik des Mythus dar. Was die
Literatur über die Psychologie des Mythus betrifft,
so sei hingewiesen auf den 2, Band von Wilhelm
Wundts ,,Völkerpsychologie“, der im besonderen
die psychologische Begründung und Ableitung von
«Mythus und Religion» unternimmt, und auf Kon¬
stantin Oesterreichs „Religionspsychologie“. In
bezug auf die Philosophie des Mythus darf hier auf
diejenigen Werke der spekulativen Ästhetik verwiesen
werden, die ihre Aufmerksamkeit dem Begriff und dem
Phänomen des Symbols zuwenden, wie das z. B. bei
Schelling und in der Ästhetik von Friedrich
Theodor Vischer der Fall ist. Vischer hat außer¬
dem seinen „Kritischen Gängen“ ein fesselndes Kapi¬
tel über „Das Symbol“ eingereiht. Ferner sei die in¬
struktive Schrift von Johannes Volkelt: Der Sym¬
bolbegriff in der neuesten Ästhetik (1876) erwähnt.
Endlich darf mit Interesse der „Philosophie der sym¬
bolischen Formen“ entgegengesehen werden, die
Ernst Cassirer in dem Vorwort seiner vor etwa
einem Jahre erschienenen Broschüre r „Die Begriffs¬
form im mythischen Denken“ ankündigt. In dieser
Broschüre haben wir eine vielversprechende Vorarbeit